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Anton Petz: PERSONA

Das Steirisches Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur präsentiert bis Ende August eine umfangreiche Schau mit Werken von Anton Petz. Wir sprachen mit dem Künstler über seine Kunst und die aktuelle Ausstellung.

Interview: Stefan Zavernik

Das Feuerwehrmuseum widmet Ihnen eine große Ausstellung in diesem Sommer. Was bedeutet die Schau für Sie persönlich?

Da ich das Feuerwehrmuseum schon über meine Beteiligung an der Ausstellung Reminiszenzen an Rot kannte, habe ich mich sehr über die Einladung gefreut, bietet sich ja die Gelegenheit, in diesen schönen Räumen eine recht umfassende Präsentation meiner Arbeiten der letzten Jahre  zu gestalten. Mit der Gegend fühle ich mich sehr verbunden durch Ausflüge  des Grazer Stadtkindes zum Bauernhof der Verwandten, besonders der Urlaub auf der Burg Deutschlandberg war nach all den Fabeln, Märchen und Kinderbüchern ein Traumort der Fantasie.

Worauf bezieht sich der Ausstellungstitel „PERSONA“?

Der Ausstellungstitel PERSONA bezieht sich auf C. G. Jungs Modell einer Maske des Individuums, die den Einzelnen in die Lage versetzt, die Erwartungen der Gesellschaft erfüllen zu können, die ihm aber auch als Schutz davor dient, sich vollkommen in den Erwartungen der Gemeinschaft zu verlieren. Überraschend fand ich in diesem psychologischen Modell eine brauchbare Analogie meiner Überlegungen, die sich eher auf soziologische Analysen der Gesellschaft beziehen, wie etwa Richard Senett, Ulrich Beck, Pierre Bourdieu, oder Essays wie Masse und Macht von Elias Canetti als Ausgangspunkt reflektieren.

Das Spannungsverhältnis von Individuum und Masse wird in Ihrer kommenden Ausstellung eines der großen Motive sein. Welche Bedeutung hat dieses Thema für Sie, das in ihren Arbeiten immer wieder zu Tage tritt?

Das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft beschäftigt mich schon seit meiner Jugend, in scheinbar banalen Fragen, wie man sich einbringen kann, ob man einen Beitrag leisten kann, soll oder muss, wenn man den Zustand nicht als optimal ansieht. Beim Versuch, sich politisch oder sozial zu engagieren, erlebt man ja sofort den Gegensatz von den Forderungen der Gemeinschaft, etwa „Partei-Disziplin“, und den eigenen Wünschen und Neigungen. Als Künstler sollte man ja die eigenen Fähigkeiten weiterentwickeln, ohne auf Widerstände oder auch nur auf die Konventionen zu achten. Das Individualisierungskonzept, wie es etwa auch der deutsche Soziologe Andreas Reckwitz als Grundlage der postmodernen Gesellschaft beschreibt, ist natürlich auch eine dem neoliberalen Zeitgeist entsprungene Idee.

Anja Weisi-Michelitsch und Anton Petz

Kann man Ihre Bilder als eine Art Beschreibung der heutigen Gesellschaft unter ihren gesellschaftlichen, sozialen und ideologischen Bedingungen verstehen? Wenn ja, wie begreifen Sie unsere Welt?

Der Versuch, in und mit Bildern zu denken, hat natürlich mit der Idee zu tun, sich ein „Weltbild“ zu schaffen. Jenseits der sogenannten kindlichen Neugierde, den Antrieb zu erhalten, Alles sehen und begreifen zu wollen und vorgegebene Ordnungen zu hinterfragen.

Wollen Sie die Betrachter Ihrer Bilder dazu anregen, über bestimmte politische Zusammenhänge zu reflektieren?

Reflektiert über Zusammenhänge nachzudenken, sehe ich schon als Voraussetzung, um richtige Entscheidungen im Politischen, aber auch Privaten treffen zu können. So geht es weniger um einzelne Themen, sondern mehr darum, deren Verknüpfungen sichtbar zu machen.

Sie beziehen sich immer wieder auf medial verbreitete Bilder, übersetzen sie in die Malerei. Werden die in den Medien mit hoher Geschwindigkeit rotierenden Bilder als Malerei zum Stillstand gebracht?

Wir leben ja in einer Epoche medialer Bilderflut. Diese dringen über das Internet, Fernsehen, Pressefotos praktisch pausenlos zu uns vor. So hat sich die Bedeutung des Bildes, durch Malerei erzeugt, radikal verändert, und nur so – mit der Fotografie – war die Moderne im Sinne der Kunst des 20. Jahrhunderts überhaupt möglich. Indem wir feststellen, dass das gemalte Bild eher ein Gegenstand als reine bildliche Information ist. Umso mehr empfinden wir aber Malerei als etwas anderes, das nicht nur etwas darstellen kann, sondern darüber hinaus auf seine spezifische Darstellungsweise, seine Handschrift, Farbigkeit, Textur verweist. Es bebildert nicht nur eine Nachricht, sondern will als Bild wahrgenommen werden.

Die in den meist sehr großformatigen Gemälden auftauchenden Menschen sind ohne erkennbare Gesichter weitgehend anonymisiert. Wo findet sich darin das Individuum – ist es womöglich der Betrachter selbst?

Der Betrachter, Ausstellungsbesucher ist natürlich als Individuum angesprochen, denn nur durch seine Empathie werden aus meinen Pinselstrichen, Punkten und Flecken wieder Figuren. Herauszufinden, wie wenig es braucht, um Figuren imaginieren zu können, ist wunderbar, aber auch, dies für den Betrachter sichtbar zu machen.

In der Serie „La Magia de Cinecittà“ etwa sind Frauenbilder aus italienischen Autorenfilmen der Fünfziger- und Sechziger-Jahre des 20. Jahrhunderts zu erkennen. Was interessiert Sie daran?

Meine Wiederentdeckung dieser cineastischen Meisterwerke, nachdem ich sie als Jugendlicher im Grazer Rechbauer-Kino Jahrzehnte vorher erstmals sah, zeigte mir diese Filme erstmals weniger als Storys, Geschichten, sondern als Bilder, oft eng verknüpft mit der italienischen Kunstgeschichte. Bei bestimmten Szenen muss man automatisch an Bilder von Tintoretto oder Veronese denken. Bei meiner Transformation in Malerei versuchte ich, durch Reduktion auf das Wesentliche die Kraft oder Magie dieser Momente zu steigern.

Regen Ihre Arbeiten in Anlehnung an diese szenischen Meisterwerke eines Antonioni, Fellini, Visconti oder Pasolini an, die Protagonistinnen als Akteurinnen der Bildwelten im eigenen Kopf zu sehen?

Die herausragenden Regisseure Italiens jener Zeit erklären sich ja auch durch die einzigartige Verknüpfung ihrer politischen Überzeugung mit ihren poetischen Fähigkeiten. Pasolini war Poet in Text und Bild, traf aber auch in seinen gesellschaftspolitischen Texten den Nerv der Zeit. Wir können diese Gestalten, Motive als Anregung zur Reflexion über unsere Gegenwart sehen, dürfen aber den Wandel der Zeit nicht vergessen.            

PERSONA – Bilder von Menschen im Zeitalter neuer Medien
Zu sehen bis 25.8.2024

Steirisches Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur
Marktstraße 1, 8522 Groß St. Florian

www.feuerwehrmuseum.at