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„Mehr Glückshormone geht nicht!“

Jazz Manouche mit der wunderschönen Stimme von Tatiana Eva-Marie, einer französischen US-Amerikanerin aus Brooklyn – sie kommt mit ihrer französischen Band „Avalon“ Foto: Rachel Zeller

Johannes Hödl organisiert seit 9 Jahren das Dixie & Swing Festival. Wir sprachen mit ihm über die Idee seines Festivals, den Swing und den Wert von Straßenmusik.

Am 9. August startet die 8. Ausgabe des Dixie & Swing Festivals. Das Festival widmet sich den Stilen aus den Anfängen des Jazz. Wie sehr treffen diese Musikrichtungen Ragtime, Dixieland und Swing den heutigen Musikgeschmack?

Wenn ein Kind in der Gehschule ständig zu Musik von Edlseern, Naschenweng oder Gabalier „wuppt“, wird es kaum eine Liebe zur Klassik, zum Jazz oder zur Weltmusik entwickeln. Sie sollten dieses Kind sehen, wie es „wuppt“, wenn „Honeysuckle Rose“, „Oh when the saints“ oder „It Don’t Mean A Thing (If It Ain‘t Got That Swing)“ aus dem Radio rauskämen. Die Antwort: Ja, die, die da sind, sind begeistert und es werden jedes Jahr mehr. Außerdem wird Swing seit 20 Jahren wieder weltweit getanzt. Auch von vielen jungen Menschen.

Das Festival kombiniert Dixie und Swing. Warum haben Sie sich gerade für diese beiden Musikrichtungen entschieden? Wie kam es zur Ausrichtung des Festivals?

Das ist nur der Claim und signalisiert unseren Schwerpunkt zwischen 1900 und 1940. Alles andere darf nicht nur sein, sondern findet auch statt. Übrigens ist unser Claim leider schon überholt, schrieb mir eine US-amerikanische Saxophonistin. Korrekt müsste es „Festival für traditionelle Jazzmusik“ heißen. Dixieland hat einen politischen Beigeschmack.

Die erste Festival-Ausgabe im Jahr 2016 entstand spontan. Mittlerweile steuert das Dixie- & Swing Festival auf sein 10-jähriges Jubiläum zu. Wie aufwendig ist die Organisation mittlerweile?

Ein Mann – ein ganzes Jahr. Ein zweiter Mann (Sepp Adlmann) viele Stunden. Ein junges Team von tollen Mitarbeiter*innen 14 Tage. Es ist aufwändig und schlecht bezahlt. Ich mache das so wie mein Freund Sepp Adlmann ehrenamtlich. Aber zugegeben, das Team im Kunsthaus Weiz unterstützt uns außergewöhnlich intensiv.

Johannes Hödl: „In der Steiermark sagt man wegen der Form des Mundstücks auch gerne ,Sauzechn‘ zur Klarinette“
Foto: Reithofer Media

Wie hat sich das Festival im Laufe der Jahre entwickelt? Gibt es Meilensteine oder Veränderungen, auf die Sie besonders stolz sind?

Zunächst einmal sind wir stolz, dass es tatsächlich gelungen ist, den australischen Supertrompeter James Morrison zu bekommen. Und heuer sind wir endlich erstmals auch ein richtiges Musik und Swing-Tanz-Festival. Dank des Grazer Vereins „The Lindy Cats“ haben wir heuer 5 Tanzworkshops für alle Levels. Dafür habe ich die erfahrene Tanztrainerin Antonia Suanjak von den Lindy Cats ins Team geholt. Für Beginner- und Improver-Workshops hat sie Csaba Hollósidie und Kathi Jost, für Masterclass und Fortgeschrittenen-Workshops die Top-Trainer*innen Sonia und Héctor aus Spanien engagieren können.

Welche Rolle spielt das Festival für die lokale Kulturszene in der Steiermark?

Es ist ein hochprofessionelles, besonders vergnügliches Kulturangebot im Hochsommer, an dem auch Wirtschaft und Touristiker nicht mehr vorbeikommen. Wir reklamieren für uns, dass wir das einzige österreichische Festival für traditionellen Jazz sind.

Wie entsteht das Programm einer Festival-Ausgabe?

Hören, schauen, suchen, fragen und gute Empfehlungen – etwa von Sigi Feigl, Mátyás Bartha oder von weitgereisten Festivalbesuchern annehmen. Bisher haben wir alles bekommen, worum wir angefragt haben. Bei Diana Krall und Wynton Marsalis klemmt es noch ein bisschen.

Die Straßenmusik war immer ein Herzstück des Festivals – welchen Stellenwert wird sie in der kommenden Ausgabe einnehmen? Und was ermöglich dieses Format für ein Jazz-Festival generell?

Allein wenn ich sehe, wie viel Tonnen Stahl, Bühnenelemente, Lichtträger und Stromgeneratoren bei großen Festivals aufgebaut werden, bekomme ich schon Angst. Ich liebe diese unmittelbare Nähe zur Musik und zum Musiker, zur Musikerin. Unser „New Orleans Straßenmusikfest“ bringt Publikum und Künstler*innen auf Augenhöhe zusammen, ist nicht laut und erlaubt auch Interaktion zwischen allen Beteiligten bis hin zu Tänzern. Man glaubt nicht, wie viele Besucher*innen, die in der Früh zum Festival losgefahren sind, niemals geglaubt hätten, dort zu tanzen oder bei den Sessions zum Instrument zu greifen. Auf dieses Format nahezu ohne Monsterbühnen und Tonanlagen bin ich sehr stolz.

Fatty George (hier im Bild mit dem jungen Johannes Hödl) entfachte mit Fattys Salon die Begeisterung für Dixieland und Swingmusik schon in den Siebzigern

Welche Künstler und Bands können die Besucher in diesem Jahr erwarten und wie haben Sie diese ausgewählt?

Mit „Ladies First“ habe ich eine Damenband wieder vereint, die vor 25 Jahren das letzte Mal zusammengespielt hat. Mit „Szigeti Juli“ kommt eine „wilde“ Electroswing-Band aus Ungarn, die „Funny Fellows“ waren Publikumswunsch, „Swing Soleil“, „TRIMGO“ und „Papp Brothers“ sind echte Schmankerln aus der Ecke „ist des Tschäss?“. Und natürlich die Headliner: James Morrison mit der Big Band Weiz, Tatiana Eva-Marie, die schönste Gipsy-Stimme der Welt, unser Grand-Piano-Trip „From Harlem Stride Piano to Bebop“ mit Rossano Sportiello & Mátyás Bartha.

Gibt es Highlights oder spezielle Programmpunkte in diesem Jahr, auf die sich die Besucher besonders freuen können?

Mein Geheimtipp und meine Lieblingsband heuer, „The Coquette Jazz Band“ mit der unglaublichen Elīna Viļuma-Helling, die sich eigentlich der zeitgenössischen Musik verschrieben hat und u. a. auch bei den Salzburger Festspielen gastierte. Und die musikalischsten Menschen, die ich je treffen durfte: Mátyás und Márton Papp, die „Papp Brothers“.

Wie sehen Sie die Zukunft des Dixie & Swing Festivals? Gibt es Pläne für neue Formate, Erweiterungen oder Kooperationen?

Solange einige Leute ehrenamtlich für das Festival arbeiten und Sponsoren die Idee unterstützen, bin ich sehr zuversichtlich. Wir verzeichnen doch jedes Jahr mehr Besucher, die auch jedes Jahr weitere Wege zurücklegen. Wir sind für Partnerschaften wie heuer mit Ilz oder Riegersburg offen. Ich arbeite daran, das Festival am Standort Weiz bald einem jungen Team übergeben zu können. Einem Team, das auch bereit ist, diese unbezahlte Tätigkeit weiter oder in so lichte Höhen zu führen, wo es vielleicht auch kleine Honorare gibt. Mit 70 („Holt mich runter“) möchte ich nur noch in der ersten Reihe sitzen und „Ehrenpräsident“ sein. (Smile)

Was wünschen Sie sich persönlich für das Festival und die Besucher in diesem Jahr? Gibt es eine Botschaft, die Sie den Festivalgästen mit auf den Weg geben möchten?

Raffen Sie sich auf und kommen Sie. Denn was ich im Vorjahr 2023 im Kunsthaus Weiz an Glück, an Freude und Begeisterungstürmen erlebt habe, als die „Sant Andreu Jazz Band“ oder die „Bohém Ragtime Jazz Band“ spielten, wünsche ich jedem. Jedes unserer Konzerte müsste es eigentlich auf Krankenschein geben. Mehr Glückshormone geht nicht.     

Dixie & Swing Festival Weiz
9.–18.8.2024
Programminfos auf Kuma.at und www.dixie-swingfestival.at