Die Steirische Kulturinitiative präsentiert eine weitere Ausstellung im Stadtteil Reininghaus: Bezugnehmend auf die Schriftstellerin Virginia Woolf und ihrer Minimalforderung nach Geld und Raum für Frauen, die schreiben möchten, schaffen die Werke der in einer Gruppenausstellung gezeigten Künstlerinnen einen Raum der Aneignung.
Die Ausstellung I Cast my Gaze – Lotte Schreibers Filmräume, eine Werkschau der bildenden Künstlerin und Filmemacherin, ist unlängst mit zwei Filmgesprächen zu Ende gegangen und hat den Sommer in der Zwischennutzung im Erdgeschoß des Mirror Towers im neuen Stadtteil Reininghaus redlich genutzt. Rund 450 Besucher*innen aus Reininghaus, Graz und internationale Gäste besuchten diesen temporären Kinosaal, um in die filmischen und installativen Arbeiten von Lotte Schreiber in Italien, Griechenland, Mexiko, Wien und Graz einzutauchen. Beziehungen zwischen Realität und Fiktion, Geschichte und Gegenwart, Körper und Architektur, politischem Raum und Privatsphäre konnten auf eindrückliche Weise erlebt werden. Der baustellenartige Charakter der Zwischennutzung und die vielen Arbeiten Schreibers, die sich dezidiert mit Stadtentwicklungsgebieten beschäftigen, schafften ein optimales Zusammenspiel von Raum und Inhalt in einem der umfangreichsten Stadtentwicklungsgebiete Österreichs.
Erneutes Gastspiel in Reininghaus
Mit der von Nicole Pruckermayr kuratierten Gruppenausstellung Ein Zimmer für mich, veranstaltet von der Steirischen Kulturinitiative in Kooperation mit dem Verein Stadtteil Graz Reininghaus, gastiert man erneut in einem Bauwerk des neuen Grazer Stadtteils und zeigt Arbeiten von JULIANNA, Maria Legat, nicole pruckermayr, Lisa Reiter, Maruša Sagadin, Eva Ursprung und Eva Wassertheurer. Die Werke, die sich manchmal beengt und dezimiert anfühlen und manchmal auch die Ausdehnung für mehr erproben, sind von 11. September bis 18. Oktober im Green Tower zu erleben. Da steht etwa die Arbeit Meet the residents brothers and sisters, Freundschaften gibt’s nur auf Augenhöhe von Maruša Sagadin verteilt im Raum, so als wäre sie eingezogen. Sagadin ist auch mit der Arbeit Hoop vertreten. Ihre Arbeiten changieren zwischen Skulptur, Architektur, urbanem Raum, Geschlecht und Sprache. Sie interessiert sich für die Kommerzialisierung von Sehnsüchten, Impulsen und Erfahrungen. Ihre Installationen und Objekte verweisen auf Elemente der Pop- und Subkultur, die performative Geste versteht sie als Message.
Sichtbare und unsichtbare Räume
Lisa Reiter zeigt ebenfalls zwei unterschiedliche Arbeiten und verortet sich mit ihren Werken im Bereich der Skulptur und Installation. Sie ist fasziniert von den verschiedenen Dimensionen von Räumen – sei es der physische Arbeitsraum, die häusliche Umgebung mitsamt den darin verhafteten Vorstellungen oder die unsichtbaren oder sichtbaren zwischenmenschlichen Räume, die wir bewusst oder unbewusst gestalten. Ihre Arbeit Der Schnee rund ums Haus bearbeitet körperliche Erscheinungen, die aus einem zu viel an Druck resultieren. Darunter versteht sie primär den Druck, den die eigenen Erwartungen an sich oder auch jene von außen auslösen können. Manchmal sind diese Räume und Häuser der Künstlerin, so wie das berühmte Femme Maison von Louise Bourgeois: bestimmt, klar umrissen. Selbstbestimmtheit, Ausweichmöglichkeit und Gefängnis zugleich.
Vom physischen zum digitalen Raum
Das Zur-Decke-Strecken oder Den- Raum-Erweitern ist Thema von Eva Ursprungs Arbeit. Neben ihren eigenen durchwegs feministischen Arbeiten schafft die Künstlerin bereits seit den 1980er Jahren selbstbestimmte Räume für Künstlerinnen sowohl im physischen als auch im digitalen Raum. Auf Maria Legats Arbeit Dem Sukzess tummeln sich hybride zentaurenähnliche Fußballspielende, die weder als feminin bzw. maskulin gelesen werden können. Sie brechen die Dualität von Geschlechternormen nicht nur im Sport auf, sondern erlauben auch keine Vorab-Einteilung, um patriarchalen Machstrukturen Nährboden zu geben. Ein Wunschraum der keinen an das Geschlecht geknüpften Unterschied im Überall zulässt. Risse und Uneindeutigkeiten werden vom Künstlerinnenkollektiv JULIANNA bearbeitet. Was tun, wenn die Räume kleiner werden, alles enger wird? Dran bleiben, sie werden schon wieder weiter …
Ein Zimmer für mich
Eröffnung: Mi, 11. September, 18 Uhr
Zu sehen bis 18. Oktober 2024 jeweils Do–Sa, 16–20 Uhr und nach Vereinbarung
Fr, 27.9., 18 Uhr: Lesung von Lydia Mischkulnig
Fr, 18.10., 18 Uhr: Finissage & Diskussion mit Architektin Antje Lehn, Künstlerin Maria Legat und Kuratorin Nicole Pruckermayr; Moderation: Wolfgang Kühnelt
Green Tower EG neben Haupteingang/Stadtteil Reininghaus
Am Steinfeld 8, 8020 Graz
Die Ausstellung findet auch in Kooperation mit dem Kunst Raum Villach statt. In der Ausstellung in Villach nehmen Romina Achatz, Romana Egartner, Zenita Komad, Monika Kus-Picco, Sheida Samyi, Elisabeth Wedenig sowie das Künsterinnenkollektiv JULIANNA teil. Kuratorin: Olivia Clementschitsch. Die Ausstellung im Kunst Raum Villach findet vom 15.11. bis 13.12.2024 statt.