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„Es wird ein fröhliches Fest!“

Kristallwerk Foto: Edi Haberl

Auch nach 25 Jahren gibt es für das DaT viel zu tun, zum Geburtstag gibt’s eine Preisverleihung: „Achtzig“ sprach mit Andrea Egger-Dörres, Geschäftsführerin des DaT (Das andere Theater) über den Theaterpreis „Rüssel“, hohen Idealismus und bürokratische Hürdenläufe.

Interview: Sigrun Karre

Letztes Jahr hat das DaT gemeinsam mit Stadtrat Günter Riegler einen Preis für die freie Thea-terszene in Graz auf die Beine gestellt. Der nach einem Wolfgang-Bauer-Stück benannte Preis war ein jahrelanges Ziel des DaT. Warum braucht es diesen Preis?

Wenn es eine derart vielfältige freie Theaterszene gibt, die hohe Qualität liefert, finde ich es wich-tig, einmal im Jahr eine herausragende Produktion hervorzuheben. Wichtig ist auch, dass es nicht nur eine symbolische Anerkennung gibt, sondern der Preis auch dotiert ist, immerhin mit 10.000 Euro. Ohne die politische Ebene ginge es natürlich nicht. Für diese Idee haben wir Stadtrat Günter Riegler gewinnen können, der den Preis auch zum ersten Mal im September im Kristallwerk über-reichen wird.

Abgesehen von Wien hat kein österreichisches Bundesland eine so vielfältige und lebendige Off-Theater-Szene wie die Steiermark. Wie hat sich das entwickelt?

Die ersten Samen hat vor rund 35 Jahren der damalige langjährige Kulturstadtrat Helmut Strobl mit der Bereitstellung des Theatro als Spielstätte und anderen Maßnahmen gesät. Er war ein guter Kommunikator, hat die Leute angesprochen. Er war – nicht nur was Kulturpolitik betraf – ein Visionär und als Obmann der ÖVP hatte er auch was zu sagen und konnte es durchsetzen. Dass wir heu-te so eine spannende, vielfältige Off-Theater-Szene haben, ist klar das Ergebnis einer politischen Willensbekundung. In dieser Zeit sind das Theater im Bahnhof, das Mezzanin Theater und das Theater ASOU und einige mehr entstanden.

Andrea Egger-Dörres
Foto: Edi Haberl

1999 wurde das DaT gegründet. Du warst von Anfang an die treibende Kraft der Interessenvertretung der freien Szene. Wie kam es dazu?

Ich bin erst theoretisch und dann praktisch durch meine Geschichte-Dissertation über steirisches Amateurtheater in die freie Theaterszene tiefer eingetaucht. In der Zeit war das LAUT! (Landes-verband für außerberufliches Theater in der Steiermark) im früheren Landesjugendreferat ange-siedelt, wo Ed. Hauswirth vom Theater im Bahnhof als Spielberater tätig war. Sein Büro war damals so etwas wie DAS Sammelbecken für Theaterbegeisterte. Ed. hat mich von meiner früheren Be-schäftigung bei der IG Kultur Steiermark gekannt und gefragt, ob ich nicht einen Spielplan für die freie Szene machen möchte. Und so bin ich eben die erste Zeit als „U-Boot“ dort gesessen und hab das gemacht. (lacht) Ed. war ein Motor für die gesamte Szene, in der es mehr und mehr den Ruf nach einer gemeinsamen Plattform gab.
Neben dem Theatro gab es auch bereits das Probenhaus in der Orpheumgasse, ursprünglich vom Orpheum mitverwaltet. Und eines Tages hat mich der damalige Kulturamtsleiter Johann Kasper gefragt, ob ich mir vorstellen kann, das Haus zu verwalten. Das war der Beginn des DaT, das ich die ersten 10 Jahre als One-Woman-Show geführt habe. Katharina Dilena ist dann als meine Karenzvertretung eingestiegen und geblieben – bis Ende letzten Jahres. Weitere tolle Leute haben mitgearbeitet. Es folgten der Ausbau der Tanzebene im dritten Stock, die Übernahme des Kristallwerks als Spielstätte …

Ihr habt viel erreicht. Was hat dich motiviert?

Zu Beginn habe ich erst einmal alle besucht, mir alles erzählen lassen und bin so in diese Welt hineingewachsen. Theaterleute sind gefühlsoffene Menschen; wie sie Eindrücke in der Gesellschaft aufnehmen und verarbeiten, hat mich interessiert. Du musst verstehen, warum sie Theater machen, wenn du ihre Interessen vertreten willst. Ein starker Antrieb war für mich auch immer zu se-hen, was da für ein hoher Idealismus dahintersteht.

Probenhaus
Foto: Edi Haberl

Was ist aktuell die größte Herausforderung für die Szene?

Ein steigender Mehraufwand für Buchhaltung, Abrechnungen, Förderansuchen und so weiter. Insbesondere für die Künstlerinnen ist die überbordende Bürokratie lähmend. Ich will eigentlich keine Buchhalterinnen und Buchhalter auf der Bühne sehen, sondern Künstlerinnen, die Zeit haben, sich dem voll zu widmen, was sie innerlich beschäftigt. Diese Zeit wird aber immer weniger und das ist keine gute Entwicklung. So frei wie wir damals gearbeitet haben, das ist heute so nicht mehr machbar. Heute beginnt man erst einmal einen bürokratischen Krieg auszufechten.

Aber die freie Szene ist auch in den letzten Jahren gewachsen?

Die Freie-Szene-Generation von heute, das Planetenparty Prinzip, Simon Windisch vom TaO, Follow the Rabbit, Franz von Strolchen usw. haben alle im Probenhaus bei uns angefangen. Das Probenhaus ist also eine maximal niederschwellige Möglichkeit geblieben, sich im Theatermachen auszuprobieren, unabhängig davon, ob was daraus wird oder nicht. An der Stelle muss man schon einmal feststellen, dass die Stadt Graz und Kulturstadtrat Günter Riegler um großzügige Förderung sehr bemüht sind! Als Stadtrat Riegler 2017 zu seinem ersten Jour fixe der freien Szene gekommen ist, wurde ihm gleich einmal „Hardcore“-Wissen über die freie Theaterszene für neue Kulturpoliti-ker vermittelt (lacht). Bei uns läuft ja vieles ganz anders als in institutionellen Häusern. Er kommt immer gerne vorbei.

In der öffentlichen Wahrnehmung ist für die freie Szene noch deutlich Luft nach oben. Das Kulturleben spiegelt sich in den Printmedien nicht oder nicht mehr adäquat wider. Wie siehst du das?

Der Anteil an der Kulturberichterstattung ist aufgrund von Einsparungen insgesamt weniger geworden. Sportberichterstattung wird nichtsdestotrotz immer ausufernder, offenbar ist das von größerem Interesse. Und dann muss man sagen: Wo gezahlt wird, wird mehr lanciert. Das muss man nüchtern feststellen und da kann natürlich die freie Szene nicht mit, die über keine großen Budgets für Werbung verfügt. Die viel zu geringe Präsenz der freien Szene im Verhältnis zu ihren Aktivitäten war auch Ergebnis einer Recherche, die das DaT schon vor einigen Jahren betrieben hat. Und der Druck wird größer. Mir hat einmal ein Journalist gesagt, wir sollen halt einen Star engagieren, dann haben wir Publizität. Das ist, wie Medien eben funktionieren.

„Die Schaffung eines Theaterpreises für Produktionen war ein langjähriger Wunsch der freien Szene und mir ein großes Anliegen“, so Kulturstadtrat Günter Riegler
Foto: Edi Haberl

Der „Rüssel“ wird aus Anlass des DaT-Jubiläums erstmalig an einem Freitag, dem 13. September, im Kristallwerk verliehen. Eine Geburtstagsparty der freien Szene läuft vermutlich nicht Gefahr, langweilig zu werden. Warum sollte man auch als (Theater-)Publikum vorbeischauen?

Es wird ein fröhliches, lustiges Fest der Szene werden, bei dem viele Theatermenschen mitmachen. Es wird – passend zum Motto Wetten DaT – eine Couch geben, es wird eine Moderatorin, einen Moderator geben, es wird Wetten geben, es wird verschiedene Acts, Musik und eine Torte geben. Und es wird einen Rüssel-Preis geben!