Die Coronakrise stellt die steirische Kunst- und Kulturszene vor große Herausforderungen und an den Rand ihrer Existenz. „Achtzig“ sprach mit Kulturlandesrat Christopher Drexler über die kulturpolitische Ausnahmesituation und notwendige Perspektiven.
Text: Stefan Zavernik
Wird „Corona“ die steirische Kulturlandschaft nachhaltig verändern?
Eine der Fragen, die mich in dieser Zeit am meisten beschäftigen, ist, wie tief der gesellschaftliche Impact dieser Krise sein wird. Wird es nachhaltige Veränderungen geben, die unser Verhalten betreffen? Werden wir uns jemals wieder die Hände schütteln, wie wir es seit über tausend Jahren getan haben? Fest steht aus heutiger Sicht, dass die Ein-Meter-Abstandsregel uns wohl noch eine Zeit lang beschäftigen wird. Auch im Kunst- und Kulturbereich. Kunst und Kultur haben nun mal ein symbiotisches Verhältnis mit ihrem Publikum. Schon alleine deswegen wird es Formate geben, die auch weiterhin schwierig vorstellbar bleiben. Die Stimmung bei einem großen Konzert lebt nicht von der Distanz. Der Einlass in ein Theater bräuchte vermutlich ein Boarding-System. Man kann nur hoffen, dass es bald einen verfügbaren Impfstoff geben wird. Vorher wird ein gänzlicher Normalbetrieb, wie wir ihn vor der Krise so lange gewohnt waren, wohl schwer möglich sein. Bei all dieser Ungewissheit hoffe ich aber, dass auch diese Krise, wie schon viele vor ihr, zu großem künstlerischem Schaffen führen wird. Vor allem aus der Reflexion mit diesen einschneidenden Erlebnissen.
Noch bis zum 19. Juni können Künstlerinnen und Künstler ihre Ideen und Konzepte für ein öffentlich ausgeschriebenes Corona-Denkmal einreichen. Wann sollen die Denkmäler in der Steiermark aufgestellt werden?
Die Denkmäler sollen ab dem Frühjahr 2021 steiermarkweit aufgestellt werden. Ich bin sehr froh über diese Ausschreibung. Es handelt sich dabei um eine in Österreich einzigartige Initiative, die auf einer Idee der „Steirerkrone“ basiert. Diese Denkmäler sollen die Erinnerung an diese herausfordernde Zeit und vor allem die Zuversicht, dass auch eine Krise dieser Art letztendlich überwunden wird, in unserem Bundesland manifestieren.
Österreich steht im Vergleich zu vielen anderen Ländern den Umständen entsprechend gut da, was Infektionszahlen betrifft. Was jedoch die Kunst betrifft, so waren Künstler und Kulturschaffende von den mangelnden Weichenstellungen des Kulturministeriums aus dem Lockdown heraus allerdings schwer enttäuscht. Für Sie nachvollziehbar?
Zum Teil ja. Die Nerven in der Szene liegen blank und es geht in vielen Fällen um die Existenz. Es braucht eine Perspektive und Regeln, die man auch einhalten kann. Die erste Pressekonferenz zum Thema Kultur von Vizekanzler Kogler und Kulturstaatssekretärin Lunacek Ende April hat zwar Regeln präsentiert, allerdings solche, die ein Ermöglichen nur scheinbar dargestellt haben. Speziell für Theater und Bühnen war damit nichts umzusetzen. Man hätte gleich sagen müssen, dass Dinge weiterhin nicht funktionieren können, oder bessere Regelungen finden müssen. Wichtig ist nun, ein Regelwerk zur Verfügung zu stellen, durch das Kultur wieder ermöglicht wird.
Kann man mit den präsentierten Hochfahr-Plänen zufrieden sein?
Jetzt wissen wir einmal die grundsätzlichen Regeln, wie viel Publikum wir im Sommer bei Kulturveranstaltungen haben dürfen. Natürlich gilt es aber noch zu klären, wie es etwa mit den Proben im Detail aussieht und wie künstlerische Darbietungen insgesamt stattfinden können. Wir werden das Angebot der Bundesregierung intensiv nutzen, uns in der „Woche des Dialogs“ für die Interessen der steirischen Kunstschaffenden einzusetzen. Ich lege Wert darauf, dass wir praktikable Regelungen für die steirische Kunst und Kultur – von der Blasmusik über die Theater bis zum steirischen herbst – bekommen, damit es einen klarer definierten Plan für den Sommer – im Idealfall auch Perspektiven für den Herbst – gibt, wie genau weiter vorgegangen werden kann. Künstler und Kulturschaffende müssen Förderungen, die sie vom Land Steiermark erhalten, nicht zurückzahlen, wenn Vorbereitungs- und entstandene Stornokosten für nicht realisierte Projekte belegt werden können. Weiters wurden auch die Projektzeiträume um eineinhalb Jahre verlängert. Auch die mehrjährigen Kulturförderungen wurden als Maßnahme gegen die Krise wertangepasst und um ein Jahr lang verlängert. Das ist eine große Erleichterung für heimische Kulturmacher. Dennoch wird befürchtet, dass neu beantragte Förderungen in den kommenden Jahren für Projekte aufgrund der Krise wesentlich geringer ausfallen könnten.
Wie sehr trifft die Krise das Förderbudget für Kunst und Kultur des Landes Steiermark langfristig?
In der Steiermark haben wir bisher mit den Maßnahmen, die wir im Bereich der Förderabwicklung gesetzt haben, einen wesentlichen Beitrag leisten können, um die Kulturszene durch die Krise zu bringen. Mit Sicherheit aber stehen wir insgesamt vor ganz großen Herausforderungen. Um das zu erkennen, braucht man kein großer Experte sein. Die Einnahmen fallen massiv aus, die Ausgaben steigen massiv an. Das wird auf zukünftige Haushalte der öffentlichen Hand dramatische Auswirkungen haben. Ich werde mich jedenfalls darum bemühen, dass wir den Bereich Kunst und Kultur möglichst nicht dafür heranziehen, um die budgetären Notwendigkeiten zu Stande zu bringen. Das wird Gegenstand von Verhandlungen sein, wenn es um das Budget 2021 geht. Ich hoffe, dass wir gerade für den Bereich der Förderungen für die freie Szene keine Einbußen hinnehmen müssen. Das ist mein Ansinnen. Ob es möglich wird, wird auch damit zusammenhängen, wie es Österreich insgesamt gelingt, wieder aus dieser Krise zu kommen.