Im Sommer zieht der Grazer Kunstverein wieder weiter, Stadtentwicklung wird partizipativ vorangetrieben und Desinfektionssprays und Cyborgs lassen uns über Corona nachdenken.
Text: Natalie Resch
„Raus aus den eigenen vier Wänden“ – das bringt nicht nur die Sehnsucht der Menschen nach Begegnung und kulturellem Austausch im öffentlichen Raum zum Ausdruck. Der Grazer Kunstverein zieht um, lautet das ganzjährige Projekt der Kunstinstitution. Stadtteil für Stadtteil sollte mit ortsspezifischen kulturellen Angeboten versorgt und brennende Fragen gestellt werden. Nach der offiziell verordneten Ausgangssperre geht es nun weiter. Am 24. Juli zieht sich der Kunstverein in eine Buschenschenke auf die Ries zurück, um dort zu diskutieren und Lesungen abzuhalten. Auf der Suche nach besonderen Orten erfüllt eine Klangperformance im darauffolgenden Monat einen aufgelassenen Aufzugsschacht in Gösting.
Im öffentlichen Raum sichtbar und frei zugänglich ist die Installation Radio Cyborg des esc medien kunst labor. Der Mensch als Cyborg, von digitalen Technologien im Denken, Verhalten und Handeln beeinflusst und geprägt – damit beschäftigt sich die Ausstellung Cyborg Subjects. Sie fordert zum Hinterfragen der größtenteils kritiklos genutzten Kommunikations- und Kontrollsysteme auf. So beleuchtet das Kollektiv KairUs die coronabedingt vermehrt eingesetzten Bilderkennungsprogramme: Was ist verdächtiges Verhalten? Wer setzt die Kriterien fest? Auf die Folgen der Pandemie in Bezug auf unser Sicherheitsbedürfnis geht die Neigungsgruppe O.K. bekannt ironisch ein. Aus den bereits beim Kulturjahrauftakt verteilten Pfeffer- wurden Desinfektionssprays.
Mit der Frage der Stadtentwicklung beschäftigen sich gleich mehrere Projekte: Die 3. Ausgabe der GrazTalks des partizipativen Stadtplanungsprojekts Grazotopia lädt zur öffentlichen Diskussion über Bodenpolitik in Graz. Die ursprünglich für das heurige Klanglicht konzipierte Blumen-Installation, die unter Anleitung des Künstlers hunderte von Schülerinnen und Schüler aus PET-Flaschen erarbeitetet wurden, kann jetzt bei den Kooperationsschulen präsentiert werden. Zudem entsteht ein Dokumentarfilm, der die Arbeit begleitet. Die jährlich stattfindende Kinderstadt Bibongo erweitert im Kulturjahr ihr Programm um eine Workshopreihe zum Thema Stadtentwicklung und Zusammenleben im urbanen Raum. Die Kinder setzen sich experimentell, spielerisch und informativ mit dem analogen und digitalen Raum auseinander.
Nach zukunftsfähigen Alternativen im Bereich des Recyclings und den Umgang mit Altlasten forscht die ARGE „F&E Phytoremediation“ (Wolfgang Eder und Walter Felber). Die Bepflanzung der Versuchsfläche in der Grazer Maggstraße läuft bereits und soll als „Wissenschaftspark Phytoremediation“ über 2020 hinaus Bestand haben.
Kommende Projekte im Überblick
Der Grazer Kunstverein zieht um!
bis Ende 2020, grazerkunstverein.org
URBAN CYBORGS, esc medien kunst labor
bis 24. Juli, esc.mur.at
5.000 Desinfektionssprays für Graz, Neigungsgruppe O.K.
bis 31. Dezember
Grazotopia / 3. GrazTalk
8. Juli, 19 Uhr, lama.or.at/grazotopia
Bibongo – Die digitale Stadt der Kinder, Kinderfreunde Steiermark
13.–17. Juli
Humming Room, Elisabeth Harnik
ab Juli 2020, Augarten Graz
Die Einsamkeit dieser Stadt, im Rahmen von La Strada 2020
28. Juli – 1. August, Hauptplatz Andritz, tägl. 10 & 18 Uhr