Es ist so dunkel, dass man auch mit viel Fantasie die eigene Hand vor Augen nicht erkennt. Plötzlich ertönt lautes Geklapper – es klingt, als würde ein ganzes Heer mit Stöckelschuhen im Takt steppen. Die ersten Momente geben einen unmissverständlichen Vorgeschmack auf die gut einstündige Aufführung, in der das Publikum Zeuge einer verstörenden Mischung aus wirren Dialogen, Selbstgesprächen und einem dazu passenden, düsteren Bühnenbild wird.
Regisseur Ernst Marianne Binder realisierte mit großartigen Schauspielern mehr ein Gesamtkunstwerk als ein klassisches Theaterstück. Eine durchgehende Handlung ist nicht zu erkennen, das Bühnenbild könnte womöglich das Gedankenspiel im Kopf eines Menschen verkörpern. Klar definierte Charaktere sind nicht erkennbar. Doch um was geht es eigentlich? Vermutlich um Sehnsucht und Liebe, um das sich Hingezogen-Fühlen und das Verlassen-Werden. Anstelle von fassbaren Inhalten treten starke Emotionen – schauspielerisch genial umgesetzt. Ein Stück, das sich kaum erklären lässt, dafür aber seinem Publikum eine außergewöhnliche Erfahrung beschert. Sehenswert.
„Gier“ ist das insgesamt dritte Stück der Dramatikerin Sarah Kane, die sich im Jahre 1999 im Alter von 28 Jahren das Leben genommen hat. Die Uraufführung ihres Debütstücks „Zerbombt“ im Jahre 1995 erzeugte einen landesweiten Skandal in England und machte Kane zu einer der wichtigsten Dramatikerinnen der 90er Jahre.
Weitere Vorstellungen: 19., 20., 21., 25., 26., 27., 28. August & 1., 2., 3.,4., 8., 9., 10. September. Jeweils 20 Uhr.
Karten: +43 699 106 25 313 oder dramagraz@mur.at
SZ; 18. 8. 2015