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Kunstuni Graz: Heute die Sterne von morgen sehen

Julia Franz Richter bei der KUG-Produktion Auch Schauspielern gibt man den Gnadenschuss (2015, Regie: Ed Hauswirth) Foto: Johannes Gellner

Dieser Tage im Konzertsaal, auf der Bühne und im Film: „Achtzig“ stellt zwei ehemalige KUG-Studierende vor, die man sich merken sollte!

„Heute die Stars von morgen erleben!“ So lautete vor einigen Jahren der Claim zur Bewerbung des Abo-Programms an der Kunstuniversität Graz. Und tatsächlich geben KUG-Produktionen laufend Gelegenheit, Studierende auf der Bühne kennenzulernen, die eine beeindruckende Karriere vor sich haben. Was für ein Glück hatten z. B. die Menschen, die die ersten künstlerischen Schritte des heutigen Burgthea­terdirektors Martin Kušej oder von Stardirigent Fabio Luisi – zuletzt Principal Conductor an der Metropolitan Opera in New York – verfolgen konnten!

Patrick Hahn

Wer eine wahrscheinlich ähnlich vielversprechende Gelegenheit beim Schopf packen will, erhält in der kommenden KUG-Saison eine einmalige zweite Chance: Mit Patrick Hahn kehrt ein Shootingstar der heimischen Klassikszene als Gastdirigent für ein KUG-Konzert an seine Uni zurück.

Patrick Hahn bei der Arbeit
Foto: Ingo Hoehn

Der 1995 geborene Grazer kann bereits heute auf eine internationale Karriere als Dirigent, Komponist und Pianist verweisen. Aktueller Höhepunkt: Zur Spielzeit 2021/22 wurde er zum Generalmusikdirektor der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester GmbH berufen. Hahn, der seinen Master bei Marc Piollet und Wolfgang Wengenroth machte, wird damit der jüngste GMD im gesamten deutschsprachigen Raum.

Vielseitige Ausnahmeerscheinung

Genauso bemerkenswert ist das Niveau, auf dem er als musikalisches Multitalent in Erscheinung tritt: Als Pianist konzertierte er bereits mit dem Mozarteum­orchester Salzburg sowie als Liedbegleiter im Wiener Musikverein, für die Spielzeit 2017/18 war er außerdem Solorepetitor an der Staatsoper Hamburg, wo er eng mit ­Kirill Petrenko zusammenarbeitete. Zu den zahlreichen Auszeichnungen des jungen Musikers zählt außerdem der „Outstanding Soloist Award“ der University of Wisconsin-La Crosse als bester Jazz (!)-Pianist des 37. Annual Jazz Festivals. Damit nicht genug, tritt Hahn auch noch als Komponist und Arrangeur in Erscheinung, seine Musik wird beim renommierten Musikverlag Tierolff Muziekcentrale (Roosendaal, Niederlande) sowie bei Helbling (Rum/Innsbruck) veröffentlicht.

Wunderkindkarriere

Seine musikalische Ausbildung begann Patrick Hahn als Knabensolist bei den Grazer Kapellknaben. Mit 12 Jahren verfasste er seine erste Komposition: eine Oper, deren Uraufführung er selbst dirigierte. Noch während seiner Zeit als Schüler studierte er an der KUG Klavier bei Maria Zgubic sowie später Orchesterdirigieren, Chorleitung und Korrepetition bei Martin Sieghart, Wolfgang Bozic und Johannes Prinz. 2017 folgte im zarten Alter von 21 Jahren der Master of Arts.

Film-Crew mit Patrick Hahn an der KUG (2. v. l. Patrick Hahn, 2. v. r. Erwin Schwischay)
Foto: Michi Wappl

Inzwischen arbeitet Hahn als Dirigent mit zahlreichen großen Orchestern und Opernhäusern von Bayern (Münchner Philharmoniker, die Klangkörper des Bayerischen Rundfunks, die Bayerische Staatsoper München) über Hamburg (NDR Radiophilharmonie, die Symphoniker Hamburg, die Staatsoper Hamburg) bis Amsterdam (Camerata Royal Concertgebouw), von Wien und Niederösterreich (Wiener Symphoniker, klangforum Wien, Tonkünstlerorchester Niederösterreich) über Salzburg (Camerata Salzburg) bis Tirol (Festspiele Erl), von Ungarn (Ungarische Staatsoper Budapest) bis Frankreich (Opéra de Rouen Normandie).

Im ORF-Filmporträt

Eine solche Karriere löst Faszination aus. Beeindruckt hat Hahn unter anderem den Regisseur Erwin Schwischay, der auf eigene Initiative ein von ORF und 3sat koproduziertes Filmporträt zu Patrick Hahn gestaltet hat. Gedreht wurde dafür auch mehrfach an der Kunstuniversität Graz. Im Film, der am 23. Juli 2020 in der Weststeiermark uraufgeführt wurde, kommen ehemalige Lehrende Hahns und Vertreter der Universität ausführlich zu Wort. Der ORF zeigt am 2. August 2020 um 18.30 Uhr ein Ö-Bild (25 Minuten), 3sat bringt am 24.10.2020 eine 45-Minuten-Version.

Julia Franz Richter

Auch eine andere ehemalige KUG-Studierende fällt aktuell in TV und Kino auf. Allerdings als Darstellerin. Aktuell etwa in der deutsch-französischen Spielfilm-Produktion Undine von Christian ­Petzold. Davor war sie in L‘Animale von Katharina Mückstein und Der Taucher von Günter Schwaiger zu sehen, im Fernsehen wirkte sie bereits 2017 im Tatort Wehrlos und in der Serie Trakehnerblut mit, es folgten u. a. Auftritte in den Krimireihen Unter Verdacht (Evas letzter Gang), Blind ermittelt (Blutsbande) und Die Toten vom Bodensee (Fluch aus der Tiefe).

Diagonale-Schauspielpreis

„Und dann ist da diese junge Frau“, startete der Falter 2019 ein Porträt der „Entdeckung des Jahres“ mit einem innigen Blick auf eine ihrer Filmrollen: „Carla hat blonde Locken und eine Ernsthaftigkeit, die nicht zum Rest der Provinzjugend im Film L‘Animale passt. Die Hauptfigur Mati verliebt sich in sie, und man versteht sofort, warum.“ Bei der jüngsten – aufgrund von Corona ins Heimkino-Streaming verlagerten – Diagonale hat Richter einen der zwei mit 3.000 Euro dotierten Diagonale-Schauspielpreise erhalten. „Als Zuseher_in kann man sich ihr nicht entziehen“, schreibt die Jury in ihrer Begründung. „Richter zwingt uns genau hinzusehen, weil sie selbst so genau hinsieht.“

Julia Franz Richter in ihrer Diagonale-Preis-Rolle (Der Taucher)
Foto: Robert Staudinger

Film oder Bühne?

Grazer kennen die 1991 in Wiener Neustadt geborene Schauspielerin nicht nur von ihren Auftritten als KUG-Studentin, sondern auch als Ensemblemitglied des Schauspielhauses. Hier hatte sie u. a. zentrale Rollen in Lulu – Eine Mörderballade und Fräulein Julie (2018/19), oder in Die Physiker und Heldenplatz (2019/20). Zwei Jahre war Richter am Volkstheater München engagiert, wo sie unter anderem noch in Die Möwe, Mein Kampf und Medea auf der Bühne stand. „Beim Theater gibt es eine andere Auseinandersetzung mit Sprache und auch mit dem Körper, da geht es zum Teil sehr ins Abstrakte“, beschreibt Richter in einem Interview mit der Zeitschrift thegap Unterschiede zwischen Film- und Theater­arbeit. „Ich liebe es auch, ins Absurde zu arbeiten und vom Realismus wegzukommen.“ Vielversprechende Vielseitigkeit – auch hier!