Die Grazer Hofgalerie im Steiermarkhof würdigt den Maler Heinz Strahl mit einer großen Personale.
Text: Stefan Zavernik
Um gleich in die Bildsprache des Malers einzutauchen: Der Festsaal im Steiermarkhof glich einem vollbesetzten Hühnerstall. Mehr als 180 Personen hatten sich eingefunden, um die Ausstellungseröffnung live mitzuerleben. Gut gelaunt aneinandergereiht, ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von einem Meter außer Acht lassen zu müssen. Heinz Strahl, dafür bekannt, Vernissagen als eine Mischung aus Performance, Installation und Happening zu inszenieren, verfügt über eine beachtliche Fangemeinde. An diesem Abend allerdings ist kein Stroh in den Ausstellungsräumlichkeiten eingestreut, es ist kein Gackern von lebenden Hühner wahrzunehmen und auch das obligatorische Buffet mit steirischem Backhendl wird nicht eröffnet werden. Schuld daran tragen behördliche Auflagen in Zeiten der Covid-19-Pandemie. Dennoch hat die Ausstellungseröffnung in der Grazer Hofgalerie all ihren Besuchern große Freude bereitet. Im Mittelpunkt stand alleine die Person des Malers und dessen Malerei.
Veterinärmedizin und Kunst
Dass das Huhn in Heinz Strahls Kunst über die Jahre zu der zentralen Position geworden ist, war kein Zufall. Es ist darauf hinausgelaufen. Der Maler ist zugleich einer der angesehensten Geflügelfachtierärzte Österreichs und begegnet dem triebsamen Federvieh täglich. Bis zu seiner ersten großen Ausstellung in Graz hat es allerdings seine Zeit gebraucht. Erst im Jahr 2008 präsentierte Strahl seine Kunst erstmals der Öffentlichkeit. Mit Erfolg – gezeigt wurden knapp 60 Bilder in den Räumlichkeiten des ehemaligen Sankt Veiter Schlössels, damals im Besitz von Kunsthändler Michael Stoff.
Darunter viele abstrakte Arbeiten und erste Hühnerbilder. Die Schau war zugleich ein Startschuss für Strahl, seine Karriere als Maler professionell voranzutreiben. Er arbeitete in den folgenden Jahren in unterschiedlichen Ateliers und realisierte weitere Ausstellungen. Das Huhn wurde für seine Malerei immer mehr zum zentralen Motiv – bevorzugt als humorvolles Spiegelbild menschlichen Treibens. Vernissagen wurden für den Künstler zunehmend als Gelegenheit wahrgenommen, ein Gesamtkunstwerk zu inszenieren, in dem Besucher selbst wie Hühner in einem eingestreuten Hühnerstall, dicht an dicht, durch die Ausstellungsräumlichkeiten drängen. Strahl hatte in den letzten 13 Jahren zahlreiche Ausstellungen in Graz. Auch eine Ausstellung in New York wurde verwirklicht.
Phantastischer Hühnerismus
Heinz Strahl wurde zum „Hendlmaler“. Er selbst steht seinem Markennamen mit positiver Ambivalenz gegenüber. „Als Künstler eine Marke zu werden, ist letzten Endes ein Erfolg“, sagt er heute. Das Ziel, als „Hendlmaler“ in die Kunstgeschichte einzugehen, hatte er allerdings nie. Die aktuelle Ausstellung im Steiermarkhof ist als Personale konzipiert, die auch Werke aus früheren Schaffensjahren zeigt. Die großen Eye-Catcher sind dabei Strahls jüngere Bilder, es handelt sich dabei immer wieder um große Formate mit bis zu 2 × 3 Metern Größe. Steht man vor diesen großzügigen Gemälden, fragt man sich nahezu reflexartig, an welchen Wänden diese opulenten Gemälde einmal landen werden? Für wen wurden diese barock-dimensionierten Hühnergemälde eigentlich erdacht?
Mögliche „Bestimmungsorte der Strahl‘schen Kunst“ malen sich im eigenen Kopf wie von selbst aus. Da wäre etwa das feudale Büro eines zu Reichtum gekommenen Eierproduzenten. Ein mondänes Wirtshaus. Oder der luxuriöse Hühnerstall eines kompromisslosen Bio-Landwirtes. Letzten Endes aber sind Strahls Bilder niemandem vorbehalten. Das Huhn ist in seiner Kunst nicht mehr als ein gut gehegtes Symbol. Er schätzt es als Lebewesen, begegnet ihm mit Sympathie und hat es als Spiegelbild menschlicher Charakterzüge für sich entdeckt. Denkmäler errichtet der Maler dem Huhn aber keine. Und so richtet sich seine Kunst auch nicht ausschließlich an Landwirte, Gastronomen und Tierfreunde. Mit dem Phantastischen Hühnerismus hat Strahl nicht nur einen selbstironischen Ausstellungstitel erfunden. Womöglich – auch wenn er selbst so etwas nie behaupten würde – hat er damit auch eine neue Kunstrichtung in der Malerei begründet, so kompromisslos zu Ende gedacht, wirkt sein Gesamtwerk.
Die Ausstellung „Phantastischer Hühnerismus“ ist voraussichtlich wieder ab 7. Dezember bis 16. Dezember 2020 zu sehen.
Hofgalerie Graz im Steiermarkhof, Ekkehard-Hauer-Straße 23, 8052 Graz