Die Ausstellung „Syd Mead – Future Cities” im Graz Museum ist die erste Einzelausstellung der amerikanischen Designikone in Österreich. Zu sehen wieder ab 8. und verlängert bis 28. Februar!
Text: Lydia Bißmann
Das mit der Zukunft ist so eine Sache. Jeder von uns würde gerne wissen, wie sie aussehen wird, trotzdem schwingt immer ein wenig Furcht davor mit. Einen Eindruck davon, wie sich Menschen vor 40 Jahren die Zukunft vorgestellt haben, liefert die aktuelle Schau im Graz Museum. Hier sind 30 sehr wertvolle Originale von Syd Mead, die zwischen 1970 und 2004 entstanden sind, bis Anfang Februar zu sehen. Aufgeteilt sind die Gouachen und Zeichnungen auf drei Räume, von denen einer den Film Blade Runner von Ridley Scott behandelt, für das der Amerikaner 1982 das Visual Design anfertigte.
Die Geburt einer Ikone
Ursprünglich hätte der amerikanische Industrial Designer nur die Autos für Ridley Scotts Blade Runner designen sollen. Mit seinem Entwurf der Stadt Los Angeles im Jahr 2019 sollte er eine Folie für alle folgenden Science-Fiction-Filme liefern. Dunkel, regennass, mit Neonleuchten versehen und mit Werbung gespickt erscheint die zukünftige Megacity in dem Meisterwerk der Filmgeschichte. Sieht man den Film heute an, kommt einem alles sehr bekannt vor. Nicht ohne Grund: der Futurist ging strukturiert vor und mischte Altes, wie Art Deco Elemente oder die Maya-Formen des Tyrell-Hauptquartiers, mit fliegenden Drohnen oder selbstfahrenden Autos. Seine Arbeitserfahrung als Industriedesigner half ihm dabei. Meads Entwürfe des zukünftigen Alltags bewegen sich immer in den Bereichen des technisch Vorstellbaren – sie sind immer Ergebnisse von logischen Schlussfolgerungen. Richard Taylor, der im Film Tron für Spezialeffekte zuständig war, formulierte die Arbeitsweise des Designers, wie es treffender kaum geht: „Syds Werke erinnern dich an etwas, das du vorher noch nie gesehen hast.“ Genau das machte den Film so erfolgreich. Prominente Hauptrolle im ersten Blade-Runner-Teil spielt neben Harrison Ford und Daryl Hannah vor allem Syd Meads Stadt selbst.
Toaster, Transport und Technikgadgets
Die Ausstellung ist aber nicht nur an Science-Fiction-Liebhaber und Filmfreaks gerichtet. Die Gouache-Bilder sind unglaublich sorgfältig und fein gezeichnet. Sie reflektieren nicht nur die Zukunft, sondern referieren auch an die Lichtstimmungen alter Meister. Auf den ersten Blick vermitteln sie faszinierende Atmosphären und je länger man sie ansieht, desto mehr Feinheiten (wie etwa die Putzschwammerl in der Küche des Blade-Runner-Protagonisten Deckard) kommen zum Vorschein. Die Mischung aus fingerfertigem, strukturiertem Entwurfdenken mit der Liebe zum Detail macht sich in den Werken unter anderem auch an der Kleidung der dargestellten Personen auf den Werken bemerkbar. Syd Mead konzentrierte sich ab 1979 auf den Entwurf von Filmdesign (Star Trek: Der Film 1979, Tron 1982, Aliens – Die Rückkehr 1986, Mission to Mars 2000 oder Elysium 2013), realisierte aber auch in der wirklichen Welt Projekte, wie das Image einer Sport-Expo in Japan in den 80er-Jahren. Auch hier tragen die Menschen konsequent futuristisch anmutende, kostümartige Gewänder oder Accessoires. Ergänzt werden die farbigen und teils großflächigen Malereien von Tuschezeichnungen oder Bleistift-Scribbles. In einem kurzen Dokumentarfilm, der eigens für die Ausstellung entstanden ist, kommt der Künstler selbst ausführlich zu Wort. Die Vorstellungen der im Vorjahr mit 86 Jahren verstorbenen, sympathischen Designikone mit der flotten Pilotenbrille fußen nie auf dem, was die Technik können könnte. Sie stammen aus dem Alltag, mitten aus dem ganz normalen Leben.
Stadtutopien im turbulenten Kulturjahr
Bevor die Ausstellung nach Graz wanderte, lief sie in Berlin und im schweizerischen Kriens. Das erleichterte dem Museum auch den Aufbau, der von dem in der deutschen Hauptstadt lebenden Kurator Boris Hars-Tschachotin nur über Facetime und Skype angeleitet wurde. Die Idee stammte von Markus Penell, Geschäftsführer von Ortner & Ortner Baukunst, der Hausarchitekten des Wiener Museumsquartiers. Die Ausstellung Syd Mead – Future Cities fügt sich in das Motto des Kulturjahres 2020 „Wie wir leben wollen“ perfekt ein und hat noch einen weiteren Link zur steirischen Landeshauptstadt. Einen Raum weiter zeigt das Graz Museum in Ungebautes Graz. Architektur für das 20. Jahrhundert noch bis Ende Jänner Pläne und Projekte, die es, leider oder zum Glück, nie vom Zeichentisch in die Umsetzung geschafft haben.
Syd Mead – Future Cities
Graz Museum, Sackstraße 18, 8010 Graz
Zu sehen wieder ab ab 8. Februar und verlängert bis 28. Februar 2021
Öffnungszeiten: Mo–So, 11–18 Uhr. Tel.: 0316 872-7600, grazmuseum.at