Der vierte Schauplatz der STEIERMARK SCHAU – ein mobiler Ausstellungspavillon – wurde am Wiener Heldenplatz präsentiert. Wir sprachen mit Kulturlandesrat Christopher Drexler über das neue kulturpolitische Leitprojekt des Landes, den Stellenwert der Kulturbranche und ihren Wert für die Gesellschaft.
Text: Stefan Zavernik
Wie fühlt sich die Eröffnung eines so großen Projektes in der Pandemie an – ganz ohne Publikum vor Ort?
Mir wäre eine große Publikumseröffnung viel lieber gewesen. Aber dennoch überwiegt bei mir die Freude, dass wir die Steiermark Schau dieses Jahr stattfinden lassen können. Mag uns das Virus die Eröffnung mit Publikum weggeknabbert und uns am Standort Wien auch den einen oder anderen Öffnungstag gekostet haben, entscheidend bleibt, dass die Steiermark Schau bis 31. Oktober stattfinden wird. Und wir mit ihr nicht zuletzt auch für den Kunst- und Kulturbetrieb ein sichtbares Zeichen der Zuversicht am Weg aus der Pandemie setzen können.
Die Schau in die Zeit nach der Pandemie zu verschieben war nie eine Überlegung?
Nein. Wir wollten die Steiermark Schau 2021 stattfinden lassen. Und wer weiß denn wirklich, wann die Zeit nach der Pandemie kommen wird?
Sie bezeichneten das Vorhaben der STEIERMARK SCHAU als den Versuch, jene Lücke zu schließen, die von den einstigen Landesausstellungen hinterlassen wurde. Nun, da das neue Format bereits eröffnet wurde: Ist der Versuch in Ihren Augen gelungen?
Der Versuch, die Lücke zu schließen, ist zumindest fürs Erste gelungen. Vollständig geschlossen sein wird diese, wenn auf die Steiermark Schau 2021 weitere Ausgaben gefolgt sind. Denn das Format ist als Biennale konzipiert. Die erste Ausgabe ist nur ein Beginn.
Was macht die STEIERMARK SCHAU als Ausstellungsformat zukunftsweisend?
Ich denke, es ist uns gelungen, das grundsätzliche Format der Ausstellung ins 21. Jahrhundert zu übersetzen. Speziell der mobile Pavillon mit seinem 50 Meter langen, geschwungenen Hauptscreen und den extra dafür produzierten Videoarbeiten von steirischen Künstlerinnen und Künstlern ist für mich ein Zeichen wie Ausstellungen und Kunstvermittlung heute stattfinden können. Auch die Konzepte der Ausstellungsplätze in Graz sind so überzeugend, dass man schnell sehen wird, welches alle Sinne ansprechende Erlebnis geschaffen wurde. Inhaltlich geht es uns an allen Standorten um eine Reflexion des Steirischen. Es geht hier um eine Beleuchtung, jenseits sämtlicher verkitschter und folkloristisch verbrämter Darstellungen – wir beschreiten hier Neuland.
Der mobile Pavillon startete mit seiner Tour in Wien. Wird ein Wiener, der ihn besucht, beim Herauskommen wissen, wie es sich anfühlt, ein Steirer zu sein?
Ich hoffe in erster Linie, dass die Besucherinnen und Besucher die Steiermark als Kulturland entdecken. Die Steiermark ist eine inspirierende Quelle an Kunst und Kultur in Österreich – das soll das Wiener Publikum im mobilen Pavillon fühlen können.
Die STEIERMARK SCHAU gilt als neues kulturpolitisches Leitprojekt – welche Langzeitziele verfolgt sie?
Sie soll die Steiermark nachhaltig auf einer österreichischen und zugleich mitteleuropäischen Kulturlandkarte verorten. Ich möchte, dass sie weit über das, was steirische Landesausstellungen in der Vergangenheit taten und was aktuelle Landesausstellung in anderen österreichischen Bundesländern tun, einen breiten kulturpolitischen Entwurf darstellt, bei dem unterschiedlichste gesellschaftliche Facetten beleuchtet werden. Ich hoffe, dass die Steiermark Schau jedes Mal aufs Neue ein einzigartiges Erlebnis wird. Keine Ausgabe soll der anderen gleichen. So können wir zeitgemäß an Entwicklungen teilhaben. Ein wirklicher Erfolg wäre es, wenn wir nach drei, vier oder fünf Ausgaben der Steiermark Schau erkennen würden, dass sie für viele Menschen in Österreich nicht mehr wegzudenken ist.
Als nächster richtungsweisender kulturpolitischer Akt kann die Vergabe der mehrjährigen Förderungsverträge für die steirische Kulturszene angesehen werden, zu der es 2022 kommen wird. Welche Schwerpunkte wollen Sie hier setzen, um die Steiermark als Kulturregion weiterzuentwickeln?
Mir geht es ganz besonders darum, junge, innovative Initiativen zu stärken. Die mehrjährigen Förderverträge sollen nicht nur konservierend wirken, nicht nur den Status quo aufrechterhalten, sondern auch Anreiz sein, neue Institutionen, Kollektive und Formate entstehen zu lassen. Insofern hoffe ich schon, dass im Zuge der aktuellen Ausschreibung nicht alles beim Alten bleibt.
Wird die Krise das Kulturbudget der kommenden Jahre treffen?
Die öffentlichen Haushalte sind insgesamt in einer absoluten Stresssituation. Das wird für alle politisch Verantwortlichen eine riesengroße Herausforderung. Nicht nur in diesem Jahr oder im nächsten, sondern auf die kommenden Jahre gesehen. Mein deklariertes Ziel ist, dass das Kulturbudget keinen Schaden nehmen soll. Kunst und Kultur werden ganz wesentliche Wegbegleiter auf dem Weg aus der Krise heraus sein. Es ist notwendig, in Kunst und Kultur zu investieren. Die Budgets dürfen auf keinen Fall kleiner werden.
Die Krise hat einmal mehr die zum Teil prekären Verhältnisse aufgezeigt, unter denen Kulturschaffenden ihre Leben bestreiten müssen. Was braucht es Ihrer Meinung nach, um diese Situation nachhaltig zu verbessern?
Vor einigen Wochen konnte ich mit Staatssekretärin Mayer über die Initiative „Fair Pay im Kulturbereich“ sprechen. Das Thema muss beherzt in Angriff genommen werden. Es braucht aus meiner Sicht einheitliche Standards, was faire Bezahlung im Kulturbereich betrifft – auch was mögliche Förderprogramme und Subventionen von Kultureinrichtungen betrifft. Ich bin der Meinung, ein solide finanziertes Projekt ist besser als drei, die auf dem Weg ihrer Umsetzung ihre Beteiligten ins Prekariat treiben.
Weiterhin gibt es für die Kulturszene und den Kulturbetrieb keine Perspektiven für einen Neubeginn nach dem aktuellen Lockdown. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung für das Wiederhochfahren des Kulturbetriebes? Wie könnten Perspektiven geschaffen werden?
Ich erwarte mir von der Bundesregierung mehr Respekt und Augenmerk, was die Kultur betrifft. Dass Museen gleichzeitig mit dem Handel öffnen können, ist ein wichtiges Signal. Zumindest ein Bereich des kulturellen Lebens wird mit dieser Gleichstellung wieder zugänglich. Es gibt Studien aus Deutschland, die beweisen, dass Theater und Konzertsäle mit zu den sichersten Räumen zählen. Entlang von klug überlegten Sicherheitskonzepten muss, wenn es zu Öffnungsschritten kommt, auch das kulturelle Leben wieder möglich werden. Das betrifft vor allem Theater- und Konzertbühnen. Mittlerweile aber ist relativ klar, dass die wirkliche Öffnung erst dann erreichbar ist, wenn die Impfstrategie weitgehend fortgeschritten ist. Insofern ist jede Impfung ein Stich in die richtige Richtung des Wiederauflebens von Kunst und Kultur.
Rechnen Sie damit, dass große Bühnen vor Herbst 2021 noch spielen werden?
Das hoffe ich außerordentlich.