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Jungem Museumspublikum die Sinne schärfen

In Der Uhr auf der Spur begeben sich Kinder ab 8 Jahren auf eine Forschungsexpedition, um das Geheimnis der Zeit zu lüften Foto: Hannes Loske

Im Kindermuseum geht es rund: Wie man jungen Entdeckerinnen und Entdeckern zur Seite steht, erklärt Nikola Köhler-Kroath, die pädagogische Leiterin des FRida & freD.

Text: Wolfgang Pauker

Im Kindermuseum werden junge Besucher zu Forschern und Entdeckern. Wie bereitet man einen Ausstellungsbesuch bestmöglich vor?

Kinder sind stets offen für Neues und man muss sie im Grunde nicht wirklich vorbereiten. Aber für Eltern oder Begleitpersonen ist es schon ganz gut, sich vorab über das Ausstellungsthema und darüber, welche unserer beiden Schauen auf das Alter des Kindes zugeschnitten ist, zu informieren. Wir bieten auf unserer Homepage darüber hinaus zusätzliche Informationen, die wichtig sind: Wie etwa dass man bei uns die Schuhe auszieht und es clever ist, den Kindern dicke Socken anzuziehen. Oder dass wir einen Kaffeebereich mit Getränkeautomaten haben, aber keine Gastronomie. Platz zum Einnehmen einer mitgebrachten Jause gibt es zwar, dieser ist pandemiebedingt aber aktuell leider geschlossen. Grundsätzlich kann man aber jederzeit unvorbereitet zu uns kommen, denn die Ausstellungen sind selbsterklärend und wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Fragen weiterhelfen.

Nikola Köhler-Kroath, pädagogische Leiterin im FRida & freD
Foto: Helge O. Sommer

Die Schauen behandeln stets ein spezielles Thema und sind pädagogisch sehr detailliert aufbereitet. Soll man vorab mit den Kindern darüber sprechen, was sie thematisch erwartet?

Ich denke, dass es eine gute Idee ist, wenn man als Individualbesucher kurz vor dem Besuch darüber spricht, dass man einen Besuch im Kindermuseum plant. Dass es aktuell etwa eine interessante Schau über die Zeit gibt und man das gleich zum Anlass nimmt, dieses Thema zu umreißen. Das ist aber nicht zwingend notwendig, denn uns ist es bei den Ausstellungen sehr wichtig, dass man tatsächlich einfach vor Ort ins Geschehen und ins Thema einsteigen kann. Für Pädagoginnen und Pädagogen, die mit einer Gruppe kommen, bieten wir allerdings auch sehr detaillierte Handbücher für jede Ausstellung an. Darin ist jedes Exponat genau beschrieben und mit Zusatzinformationen versehen. Damit können sich Lehrerinnen und Lehrer sehr gut vorbereiten.

Soll man die unterschiedlichen, interaktiven Stationen gemeinsam erkunden oder den Kids „freien Lauf“ lassen?

Diese Frage habe ich mir auch gestellt und ihr auch meine Dissertation gewidmet. Dafür habe ich eine Ausstellung mittels einer Zeitmessstudie beobachtet, um herauszufinden, ob die jungen Besucherinnen und Besucher länger verweilen, wenn sie die Stationen allein, mit gleichaltrigen oder mit einem Erwachsenen besuchen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Sobald sie mit einem Erwachsenen, sei das jetzt eine Pädagogin, eine Mitarbeiterin von uns oder einer Begleitperson waren, blieben sie länger. Wir haben auch untersucht, wie Kinder die Schauen erkunden: Zuallererst laufen sie durch den Ausstellungsparcours. Das ist in jungen Menschen so drinnen, dass sie sich einmal bewegen wollen und sich einen Überblick verschaffen möchten. Dann kehren sie zu den Stationen zurück, die sie beim ersten Schnell-Check interessant finden – und dann macht es eben Sinn, als Begleitperson zu unterstützen.

In der Mitmach-Ausstellung Das kleine Städtchen Jederzeit entdeckten Kinder von 3 bis 7 Jahren anhand von Berufen die Zeit
Foto: Hannes Loske

Die aktuellen Ausstellungen behandeln das komplexe Thema Zeit – wie verpackt man ein nicht greifbares Thema altersgerecht?

Das Thema der aktuellen Schauen ist tatsächlich ein sehr abstraktes. Wir sind ständig von Zeit umgeben, aber wir können sie weder auf- noch festhalten. Deshalb haben wir versucht, das Thema so herunterzubrechen, dass es für die jeweilige Zielgruppe passt. Für die Kleineren von 3 bis 7 Jahren haben wir das in der Ausstellung Das kleine Städtchen jederzeit anhand von Analogien gemacht und diese mit Berufen verknüpft. Wer muss pünktlich sein, wer muss geduldig sein, wer muss in der Nacht arbeiten usw. Das haben wir in Geschichten verpackt, anhand derer die Besucher etwas ausprobieren können. Für die ab 8-Jährigen gehen wir in Der Uhr auf der Spur einen Schritt weiter und haben uns überlegt, welche Aspekte beim Thema Zeit wichtig sind und diese in eine Reise verpackt. Die jungen Entdecker gehen auf eine Expedition und erkunden etwa den Urwald, die Vergangenheit oder wie Menschen entstanden sind und kommen so dem Geheimnis der Zeit auf die Spur.

Die Schauen gingen aufgrund der langen zwangsverordneten Schließungen heuer erstmals in Verlängerung. Ist ein wiederholter Besuch sinnvoll?

Ich bin ein Fan von Wiederholungen! Und wer schon einmal jüngere Kinder beobachtet hat, der wird erkannt haben, dass sie ein und dasselbe Spiel zigmal spielen können, sich ein und denselben Zeichentrickfilm immer und immer wieder ansehen. Die Wiederholung ist also nicht nur etwas zum Festigen von Erfahrungen, sondern hat auch etwas Beruhigendes. Außerdem kann man bei all den Exponaten immer wieder etwas Neues entdecken. Oder man hat einfach Spaß daran, sich ein Kostüm zum vierten Mal anzuziehen.

Der Lerneffekt steigt, wenn Kinder die Exponate gemeinsam mit Erwachsenen erkunden
Foto: Hannes Loske

Wie kann man das Erlebte mit den Kindern aufarbeiten?

Wir haben für die Ausstellung Das kleine Städtchen Jederzeit eine Elternbroschüre aufliegen, in der ein kurzer Überblick über die Quintessenz jeder Figur gegeben wird. Weiters finden sich darin Bastelanleitungen für zu Hause. Damit kann man sich fortführend zur Ausstellung sehr gut mit den Kindern beschäftigen. Denn in den Themen und Exponaten steckt ja viel mehr drinnen, als man bei einem Besuch eigentlich erfassen kann. Deshalb ist die Nachbereitung und das Noch-einmal-darüber-Nachdenken ein ganz wichtiger Aspekt des Lernens. Wer noch tiefer in die Materie eintauchen möchte, für den gibt es jährlich zu den Ausstellungen erscheinende Bücher. Sie decken nicht nur die Inhalte der Ausstellung ab, sondern sind ergänzend und vertiefend. Und gerade das Buch Schlau miteinander in die Zukunft, das ja aktueller denn je ist, bietet die Möglichkeit, dass man es über einen langen Zeitraum immer wieder zur Hand nimmt und sich damit beschäftigt. Denn die Bücher sind so aufgebaut, dass man sie nicht von vorne nach hinten durcharbeiten muss, sondern sich das rauspicken kann, was einen interessiert.        

FRida & freD – Das Grazer Kindermuseum
Öffnungszeiten: Mo–So 10–17 Uhr, Di immer geschlossen
Friedrichgasse 34, 8010 Graz

www.fridaundfred.at

In futuristischer Architektur im Augarten beheimatet: das Grazer Kindermuseum
Foto: Harry Schiffer