Die Realität nur zu erfassen ist schon schwer genug, sie dann auch noch zu erweitern erst recht. Levente Szücs, ein junger, in Düsseldorf lebender Maler, widmet seine Malerei dieser Herausforderung. Zu sehen in der Galerie Reinisch Contemporary.
Die Galerie Reinisch zeigt seit Mitte Mai Arbeiten von Levente Szücs. Seine erste künstlerische Ausbildung erhielt der Künstler in Ungarn. Die Tradition des „Sozialistischen Realismus“ ließ ihn das Handwerk des Malers akribisch erlernen. Sein Interesse galt bis zu seinem Wechsel nach Düsseldorf der gegenständlichen Abbildung der sichtbaren Wirklichkeit. Dann, an der Kunstakademie Düsseldorf während des Studiums Freie Malerei unter Herbert Brandl, entdeckte der junge Künstler die abstrakte, gestische Malerei als Gegenpol. Szücs fand Gefallen daran, die beiden Zugänge miteinander zu ergänzen, zu verändern und zu etwas komplett Neuem werden zu lassen. „In sehr aufwändiger Technik hat der Künstler hyperrealistische Bilder – meist von Waldgebieten – auf die Bildfläche gebracht. Später hat er diese Malerei durch direkte Belichtung von Fotos auf dem mit Emulsion beschichteten Malgrund ersetzt. Die gestisch gesetzten Pinselstriche bedecken die Walddarstellungen teilweise“, so der Kurator der Ausstellung, Günther Holler-Schuster.
Übermalungen?
Szücs malt die abstrakten Farbflecken vor den realistischen Passagen, er dreht das System der Übermalung gleichsam um. Er reagiert somit nicht auf ein bestehendes Bild, zerstört, ergänzt oder akzentuiert dieses, sondern seine Malerei stellt eine Lösung dar, die diese beiden Extrempole – Gegenständlichkeit und Abstraktion – gleichwertig einsetzt. Die vom Zufall geprägten Flecken und Spritzer helfen nicht, das Bild eines tatsächlichen Waldes wiederzugeben. Sie können aber helfen, den subjektiven Zugang des Wanderers, des Beschauers zu veranschaulichen.
Wenn „Augmented Reality“ Orten oder Objekten zu einer erweiterten Realität verhilft, ist das im Prinzip das, was sie aus der Kunst gelernt hat. Dort wurden fast immer multidimensionale Erfahrungen und Interpretationen der Realität ausgelöst. Avancierte digitale Technologien ermöglichen es heute nicht nur Künstlerinnen und Künstlern, die Realität zu manipulieren. Entsprechende Apps auf dem Smartphone genügen auch dem Laien. „Levente Szücs positioniert sich als Maler sehr präzise in diesem Bedeutungsgeflecht. Verblüffend ist der Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Realitätswahrnehmung, wenn man diese Bilder sieht. Man wird sich erneut bewusst, in welch vagem Zustand sich unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit befindet,“ so Günther Holler-Schuster.
Augmented Nature
Zu sehen bis 11.6.2022 in der Galerie Reinisch, Hauptplatz 6, 8010 Graz
