Mit Fotografien, interaktiven Videoarbeiten, Objekten und Installationen lädt Jörg Auzinger in seiner Ausstellung „Hybris“ im Steirischen Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur dazu ein, die eigene Wahrnehmung zu überprüfen.
Text: Lydia Bißmann
Wer die Ausstellung Hybris von Jörg Auzinger im Steirischen Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur besucht, muss damit rechnen, sich als Darsteller in den interaktiven Videoarbeiten wiederzufinden. Aber selbst sehr kamerascheue Menschen müssen hier keine Angst haben. Jörg Auzinger, der Audiovisuelle Medien bei Richard Kriesche an der Grazer Ortweinschule, Medienkunst bei Peter Weibel und Filmregie bei Axel Corti an der Wiener Filmakademie studiert hat, geht behutsam mit seinen Rezipientinnen und Rezipienten um. Und das, obwohl der Titel Hybris nichts anderes als extreme Selbstüberschätzung oder Hochmut bedeutet und man sich in der Arbeit Surface Sensorium mitten auf einem Aussichtsturm, umringt von einer applaudierenden Masse, wiederfindet. Oder in der namensgebenden Arbeit durch das Annähern an eine Hochhaus-Skyline eine Überschwemmung in der Videoprojektion auslöst. Der Umgang mit der eigenen Wahrnehmung, mit Sehgewohnheiten und vorgegebenen Lesarten, mit denen wir unsere Umwelt wahrnehmen, ist die Intention der Schau, die die aufgegriffenen Themen wie Klimakrise, Fake News oder Überwachung aber sehr leise und unaufgeregt bearbeitet. Genau diese Feinheit ist es aber, die die Botschaften tiefer unter die Haut gehen lässt.
Sanfte Suchbilder und Laternen-Dialog
In der Fotoserie Destinesia setzt Auzinger ganz kleine Manipulationen an den Arbeiten dazu ein, um zu verwirren, aber auch um die eigenen Blicke zu schärfen. Hier gibt es ein Fassadengerüst, hinter dem eine Berglandschaft hervorlugt, oder eine hydraulische Scherenbühne, die über das zu bearbeitende Haus in den Himmel ragt. Man muss die sogenannten Fehler im Bild sehr genau suchen, was dadurch erschwert wird, dass er bei manchen Fotografien darauf verzichtet hat. Im Raum Adjustierung des Glücks finden sich eine Weltkarte mit flüchtig ausradierten Grenzen und ein schon etwas älterer Globus, der sich bei Annäherung zu drehen beginnt und damit die politischen Grenzlinien vor den Augen verschwimmen und somit verschwinden lässt. Eine ehemalige Parklaterne liegt bei der sehr berührenden Installation Restless in einem Raum am Boden. Wie ein lebendes Wesen verfügt sie über einen Herzschlag und reagiert auf Bewegung und auch Geräusche mit Lichtsignalen und einem leisen Seufzen. Dabei hat sie ihre Eigenheiten und will aus der Reserve gelockt werden. Hybris ist die erste Medienkunst-Ausstellung in den wunderschönen Räumlichkeiten des Steirischen Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur und hätte von Kuratorin Anja Weisi-Michelitsch und ihrem Team nicht besser inszeniert werden können. Jörg Auzingers Arbeiten bekommen hier genau den Raum, den sie brauchen, um ihre philosophische, sinnliche, aber nicht zuletzt humorvolle Wirkung auf die Betrachterinnen und Betrachter zu entfalten.
Jörg Auzinger, Hybris
bis 5.6.2022, Di–So 10–17 Uhr
Steirisches Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur
Marktstraße 1, 8522 Groß St. Florian, erreichbar mit der S6 vom Grazer Hauptbahnhof
Tel. 03464 8820
www.feuerwehrmuseum.at