Seit rund sieben Jahren gibt es die Film Comission Graz als Service-, Förder- und Anlaufstelle für Filmschaffende in der steirischen Landeshauptstadt. Geleitet wird sie von Barbara Rosanelli, die uns in einem Interview mehr über ihre spannende Aufgabe erzählt.
Text: Lydia Bißmann
Wie sind Sie zur Film Comission Graz gekommen?
Ich habe jahrelang beim Film, für Satel Film, Bavaria und Constantin Film gearbeitet. Ich habe sehr lange erste Aufnahmeleitung für viele Produktionen gemacht. So konnte ich viele Kontakte knüpfen. Ich war viel unterwegs und wollte sesshaft werden. Deswegen bin ich wieder nach Graz zurück. Irgendwann sind dann Produzenten zu mir gekommen und haben mich nach Motiven in der Steiermark gefragt. Filmschaffende in Österreich kennen sich alle und empfehlen einander weiter. Ich habe mir das Drehbuch durchgelesen und bin losgefahren, um Motive zu finden. 2015 wurde die Film Comission Graz ins Leben gerufen. Die Idee kam unter anderem auch von mir. Nach einem Jahr Vorbereitungszeit mit vielen Gesprächen und einem guten Konzept wurde mir die Leitung offiziell übergeben und ich durfte mit Hilfe der Stadt Graz und dem damals amtierenden Bürgermeister Siegfried Nagl die Film Commission Graz aufbauen.
Die Film Comission Graz unterstützt Filmemacher im Raum Graz mit Service, aber auch mit Geld. Wie genau kann man sich das vorstellen?
Wir haben unterschiedliche Aufgaben. Einerseits sind wir ein Netzwerk und eine Servicestelle. Film Commissions gibt es auf der ganzen Welt. Die, die beim Film sind, wissen das. Sie kommen gezielt zu uns, wenn sie Hilfe bei Genehmigungen oder Unterstützung, beim Finden von Mitarbeitern, Caterings, Motiven, Unterkünften oder ähnlichem in Graz brauchen. Wir haben eine Branchendatenbank und eine Motivdatenbank. Engagiert man als Fernsehsender das Team vor Ort, kann das dem Sender sehr viel Geld sparen und Filmschaffende, die in Graz ansässig sind, haben dadurch wieder einen Job. Je nachdem, wo gedreht wird, sind andere Institutionen wie das Straßenamt, das Marktamt oder das Verkehrsamt zuständig. Auf unserer Homepage sind alle Ansprechpersonen übersichtlich aufgelistet. Die Ansuchen selbst werden dann von den Filmschaffenden selbst gestellt. Aber es ist wichtig zu wissen, an wen man sich wenden muss und wer wofür zuständig ist. Wir sind andererseits auch eine Förderstelle und vergeben finanzielle Unterstützung, wenn das Projekt unseren Richtlinien entspricht.
Was sind die Kriterien für eine Förderung?
Ausschlaggebend ist ein Graz-Bezug bei den Projekten. Das kann ein Filmfestival wie das Kurzfilmfestival Cinema Talks, eine Film- oder Serienproduktion oder eine Doku sein. Das Team von Cinema Talk hat bei uns zuallererst um eine Unterstützung für das Film und MultimediaArt Abschlussprojekt an der Ortweinschule Graz angesucht. Wenig später sind sie mit einem Konzept für ein komplettes Filmfestival gekommen, das wir seitdem sehr gerne und großzügig unterstützen. Wir wollen junge, künstlerische Filmschaffende in der Steiermark sichtbar machen und ihnen eine Plattform bieten. Bei den Filmen der Grazer Produktionsfirma HENX, unter der Regie von David Lapuch, ist das sehr gut gelungen. Der Film „Kurz nach Schalling hinterm Berg“ bekam beim IndieX Film-Fest in Los Angeles 2022 gleich fünf verschiedene Awards. Die Produktion „Das Bild im Haus“ erhielt 2019 dort zwei und bei den Independent Short Awards einen weiteren Preis. Unsere Aufgabe ist es aber auch, den Drehort Graz national und international attraktiver zu machen. Filmförderung ist ein Wirtschaftsfaktor, Filmtourismus kann enorm viel, wie man in Dubrovnik oder der griechischen Insel Skopelos, dem Drehort von “Mamma Mia!”, sieht. Es gibt viele Städte und Länder, die dafür sehr viel Geld in die Hand nehmen. Die Förderungen der Film Commission Graz sind aber keine Tourismus-, sondern eine Wirtschaftsförderung. Das Geld muss in der Stadt ausgegeben werden. In den letzten Jahren haben sich viele Filmfirmen und Dienstleister in Graz angesiedelt. Es gibt zunehmend mehr Schnittplätze, Lichtfirmen, Ausstatter und Ähnliches.
Welche Film- oder Fernseh-Produktionen finden aktuell in Graz statt?
Momentan wird, wie schon so oft, für SOKO Donau gedreht. Die brauchen gar nicht mehr so viel Unterstützung, weil die schon so oft hier gedreht haben und sich schon sehr gut auskennen. Sie drehen die Serie gerne in Graz, weil es hier eben so gute Förderungen gibt. Im September startet eine größere Spielfilmproduktion namens „Pulled Pork“ mit Pizzera & Jaus in den Hauptrollen. Es wird eine Krimikomödie werden, wo die beiden Polizisten spielen werden. Mehr darf man dazu aber noch nicht verraten.
Was sind die beliebtesten Drehorte in Graz, was ist ihr persönlicher Favorit als Schauplatz?
Im letzten Herbst wurde der Film „Am Ende wird alles sichtbar“ mit August Schmölzer und Manuel Rubey in Graz gedreht. Zu sehen ist da ein Friedhof, der so aussieht, als wäre er im Süden und ein Haus am Meer. Auch das kann Graz. Wir haben ja schon einmal Frankfurt nach Graz verlegt. Da kommt es nur auf die Kameraeinstellung und die passenden Autokennzeichen an. Für die Fernsehserie „Team 2“ hat sich die Aula in der Uni in ein Auktionshaus in Hamburg verwandelt. Überhaupt kann die Uni-Aula sehr viel und wird gerne gebucht. Die Szenen im Rechtsanwaltsbüro in der ORF Stadtkomödie „Man kann nicht alles haben“ mit Aglaia Szyszkowitz wurden bei uns im Haus im Palais Thinnfeld gedreht. Als wir hier eingezogen sind, hat uns der Geschäftsführer des Universalmuseum Joanneum, Wolfgang Muchitsch, unser Nachbar einen Stock tiefer, sein Büro als möglichen Drehort angeboten. Das war sehr praktisch, da es schwer ist, ein privates Büro für drei Drehtage oder am Wochenende zu bekommen. Persönlichen Lieblingsort habe ich eigentlich keinen. Jede Geschichte in jedem Film ist anders und braucht andere Motive. Man muss die Orte immer neu suchen und das ist wunderbar spannend.