Ein Galeristen-Ehepaar übernahm das heruntergekommene Hotel „The Fife Arms“ in den schottischen Highlands und verwandelte es in eine Oase der Exzentrik.
Text: Wolfgang Pauker
Die schottischen Highlands sind eine beschauliche Gegend. Schier unendliche, immergrüne Weiten, Heidemoore, üppige Wälder, satte Wiesen und jede Menge Schafe. Viel ist hier nicht los, aus diesem Grund wurden wohl auch so illustre Sportarten wie das Baumstammwerfen erfunden, eine der Disziplinen, in denen sich die Clans bei diversen Highland Games messen. Das prestigeträchtigste „Gathering“ findet in Braemar statt, einem 450-Seelen-Dörfchen in Aberdeenshire, das zu diesem Anlass einmal im Jahr aus allen Nähten platzt.
Traditionell anwesend ist dann auch die Queen, die nur sechs Meilen entfernt im Balmoral Castle ihre Sommer verbringt. Herzstück Braemars ist das Hotel The Fife Arms: 1836 von einem Mitglied des britischen Hochadels, dem Duke of Fife, eröffnet, hat das massive Granitgebäude über die Jahre allerdings reichlich an Glanz und Gloria verloren. Als um 2010 das Schweizer Ehepaar Manuela und Iwan Wirth, Miteigentümer der international erfolgreichen Galerie Hauser & Wirth, in der Absteige einen Kaffee orderte, der der schlechteste ihres Lebens gewesen sein soll, nahm seine Geschichte eine Wendung. Kurzerhand erwarben sie das Fife Arms und verwandelten es in eines der exzentrischsten Hotels Europas.
Tea-Time unter einem Picasso
Sie sanierten das Gebäude und packten es in einem eklektischen Stil mit rund 15.000 Kunstwerken voll. Neo-viktorianischer Pomp trifft auf seltene Fundstücke, zeitgenössische Installationen auf Werke von Lucian Freud oder Pablo Picasso, Deckenmalerei von Zhang Enli auf Textilkunst von Louise Bourgeois. Geweihe und allerhand ausgestopfte Tiere begleiten einen durch das ganze Haus und ein besonderes Werk im Entree vereint die Idee hinter der Neugestaltung des Hotels mit der Tradition der Umgebung, in der es steht: ein von Queen Victoria höchstpersönlich gezeichnetes und mit Wasserfarbe koloriertes Bildnis eines Hirschkopfs. Die wohl beliebteste Queen des Empires war es auch, die Mitte des 19. Jahrhunderts ihr Herz an die Highlands verlor und das gut abgeschirmte Balmoral Castle erwarb.
In einem der Gänge des Fife Arms hängt ein Aquarell des Schlosses. Das polierte Namensschild darunter weist den talentierten Maler aus: His Royal Highness Charles Prince of Wales. Weiter geht es in die Hotelbar im Art-déco-Stil, die der italienischen Modedesignerin Elsa Schiaparelli gewidmet ist, ausgestattet mit Werken von Man Ray. Oder in den Dining Room, wo Guillermo Kuitca aus Argentinien ein Wandgemälde gestaltete, für das er sich vom Wildbach Clunie inspirieren ließ, der direkt neben dem Hotel Wellen schlägt und einige Destillerien ringsum mit Wasser speist, aus dem der berühmte Scotch Single Malt Whisky gebrannt wird. In der intimen, hauseigenen Bertie’s Bar – einem wahren Whisky-Wonderland – verkostet man sie gemeinsam mit den besten Tropfen der Welt – das nötige Kleingeld vorausgesetzt.
Edinburgh: Die düstere Schönheit
Rund zwei Autostunden entfernt von Braemar liegt die schottische Hauptstadt Edinburgh, die eingebettet zwischen grünen Hügeln und dem Meer als eine der schönstgelegenen Städte gilt. In ihrer Mitte thront eine Höhenburg, uneinnehmbar und bereits im Jahr 1093 erstmals erwähnt. Ringsum Straßen und enge Gassen voll dunkler Geheimnisse, die allesamt in die Vergangenheit zu führen scheinen.
Das Erscheinungsbild der Altstadt wird auch heute noch dem Beinamen „Auld Reekie“ („Alte Verräucherte“), den Edinburgh seinen früher beständig rauchenden Fabrikschornsteinen verdankte, gerecht. Die Schlote sind mittlerweile tot, die imposanten Steinbauten sehen aber nach wie vor so aus, als wäre eine Feuerwalze durch die Stadt gerollt und hätte die Fassaden dunkel eingefärbt. Bunt hingegen ist die Kulturlandschaft, zahlreiche Festivals finden sich im Kalender und verglichen mit den nur etwa 500.000 Einwohnern gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichsten Museen in teils spektakulärer Architektur.
Fine Dining in der Hauptstadt Spektakulär ist auch der Ausblick vom höchstgelegenen Restaurant der Stadt, dem „The Lookout“ am Calton Hill. In einem Glaskubus mit minimalistischem Dekor serviert man zeitgenössisch interpretierte Gerichte mit Zutaten aus dem reichen Garten Schottlands. Wer Sightseeing mit Fine Dining verknüpfen möchte, ist hier genau richtig. Internationale Weine runden den Genuss inklusive Rundumblick bis zum Meer ab.
Nicht weit entfernt erwartet Feinschmecker das intimste Restaurantambiente Edinburghs: Im Eleanore schaut man dem Team direkt auf die Finger, wenn es aus der winzigen Küche die Gerichte gereicht bekommt, um sie mit Zutaten aus unzähligen dicht an dicht gestapelten Behältnissen kunstvoll anzurichten. Das Menü wechselt alle paar Tage. Ebenso die Weinbegleitung, die von einem enthusiastischen Sommelier kredenzt wird. Das kleinste Gourmetrestaurant der Stadt ist ideal, wenn man sich nicht nur dafür interessiert, welche Kreationen, sondern auch wie diese auf den Teller kommen. Und weil Schottland weit mehr als für seine Kulinarik für seine Spirituosen bekannt ist, geht es nach dem Dinner ins „Brumble“, der mit Abstand besten Cocktailbar des Landes.