„Achtzig“ sprach mit Kulturstadtrat Günter Riegler über notwendige Inflationsanpassungen im Kulturbudget der Stadt Graz, kulturpolitische Zielsetzungen, das viel diskutierte Künstlerhaus und die Grazer Galerienszene.
Text: Stefan Zavernik
Der Kulturbetrieb in Graz läuft im Herbst auf Hochtouren. Welche Veranstaltungen werden Sie in den kommenden Wochen persönlich besuchen?
Ich bin fast täglich unterwegs, von freier Szene bis zu den Stadt- und Landkulturbeteiligungen. Zuletzt war ich bei der Camera-Austria-Preisverleihung, bei Valentina Moars neuer Performance und nun freue ich mich auf das Eröffnungskonzert der Oper Graz.
Ein Highlight im Bereich der zeitgenössischen Kunst ist der Steirische Herbst. Intendantin Ekaterina Degot hat das Festival in den letzten Jahren wieder wesentlich kantiger werden lassen. Wie gesellschaftskritisch soll der Steirische Herbst sein?
Wenn die Kunst tatsächlich eine Aufgabe hat, dann ist es mit Sicherheit die Gesellschaftskritik. Ein Festival wie der Steirische Herbst hat aus meiner Sicht die Verpflichtung, kritisch zu sein. Nicht ohne Grund wurde der Vertrag mit Ekaterina Degot als Intendantin verlängert, da sie tatsächlich in den letzten fünf Jahren hervorragend auf brennende Themen unserer Zeit reagiert hat.
Zum vielfältigen Kulturangebot in Graz tragen in diesem Herbst auch all die privaten Galerien bei. Sie haben vor wenigen Jahren eine neue Galerienförderung ins Leben gerufen. Wie gut wird dieses seit 2020 betriebene Förderprogramm angenommen? Warum sind Ihnen die Grazer Galerien ein besonderes Anliegen?
Junge bildende Künstlerinnen und Künstler sollen in Graz die Möglichkeit haben, ihre Kunst zu präsentieren. Mit unserer Galerienförderung geben wir Galerien finanzielle Unterstützung, wenn sie junge Künstlerinnen und Künstler aus Graz zeigen und diesen zu ersten Ausstellungen verhelfen. Ich denke, das Förderprogramm wurde bis jetzt sehr gut angenommen. Aus meiner Sicht entwickelt sich die Grazer Galerienszene auch in eine gute Richtung. Verbesserungspotenziale werden derzeit erhoben.
Grazer Galeristinnen und Galeristen wünschen sich vor allem eines: ein breiteres Publikum. Wie könnte man ihnen diesen Wunsch erfüllen?
Die Idee, die Galerienszene breiter an andere erfolgreiche Institutionen oder Projekte anzukoppeln, wie etwa an Klanglicht, würde ich spannend finden. Ich bin davon überzeugt, dass man wesentlich mehr Menschen in private Galerien bringen könnte, als es bisher der Fall war.
Im Oktober werden die Künstlervereinigungen wieder ihre große Jahresausstellung eröffnen, erneut im Steiermarkhof: das Künstlerhaus als ihre ehemalige Heimat ist damit wohl offiziell Geschichte. Eine schlussendlich zufriedenstellende Lösung für alle Parteien?
Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass Sandro Droschl sein Konzept so angelegt hat, dass die Kunstvereinigungen im Künstlerhaus keine Rolle mehr spielen dürfen – das war eine Entscheidung des Herrn Intendanten Droschl. Ich habe mich bemüht, gemeinsam mit Christopher Drexler das Beste aus dieser Situation zu machen und so haben wir den Künstlervereinigungen ein Rundum-Paket im Steiermarkhof zu Verfügung gestellt. Was aber das Künstlerhaus betrifft, hätte ich mir auch die Beibehaltung der alten Regelung vorstellen können.
Wie steht es um Ihr Vorhaben, aus der Tennenmälzerei in Reininghaus ein Industriemuseum werden zu lassen?
Die Bespielung der Tennenmälzerei wird eines der ganz großen Themen in diesem Herbst werden. Gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Schwentner habe ich zu entscheiden, was dort passieren wird. Meine Idee habe ich bereits präsentiert, ich stelle mir für diese Location ein hybrides Museum vor. Frau Vize-Bürgermeisterin will auch noch andere Konzepte ins Rennen schicken. Wir werden sehen, bis Frühjahr 2023 sollte hier jedenfalls „klar Schiff“ gemacht sein.
Welche anderen kulturpolitischen Punkte stehen im Herbst am Programm?
Wesentlich wird die inhaltliche Vorbereitung auf „Graz 900“. Das große Stadtjubiläum ist mir ein Herzensanliegen. Ein Konzept liegt bereits am Tisch. Die Geschichte von Graz soll vom ältesten Haus der Stadt ausgehend erzählt werden. Personalpolitisch steht eine wichtige Entscheidung an, die Leitung des Graz Museums ist neu ausgeschrieben. Im Herbst wird es hier Hearings geben. Wir haben dafür eine hochprofessionelle Findungskommission eingesetzt, mit Experten wie etwa Klaus Albrecht Schröder. Ebenso ein großes Thema werden die mehrjährigen Förderverträge werden, die in diesem Herbst auf meinen Vorschlag hin dem Gemeinderat vorgelegt werden.
Die Inflation geht auch am Kulturbetrieb nicht spurlos vorüber. Was bedeutet das etwa für die gerade angesprochenen mehrjährigen Förderverträge?
Ich hoffe, dass mir die Regierungskoalition eine entsprechende Inflationsanpassung für das dafür notwendige Budget genehmigt. Ich gehe hier mit 10 % in die Budgetverhandlungen. Es geht hier nicht nur um die aktuelle Inflation in diesem Jahr, man muss auch einkalkulieren, dass seit den Jahren 2017/2018 ebenso schon erhebliche Preissteigerungen passiert sind. Das Kulturbudget schrumpft unter diesen Bedingungen erheblich, hier muss gehandelt werden.
Wie groß ist die Hoffnung auf mehr Geld fürs Kulturbudget?
Vor dem Sommer war meine Hoffnung noch sehr gering. Ich war erschüttert, dass meinem wiederholten Drängen auf Erhöhung des Kulturbudgets nicht nachgekommen wurde. Ich wollte für die Punkte „Inflationsabgeltung“ und „Fair-Pay“ für 2023 eine Million zusätzlich budgetieren. Rücklagen hätte es auch gegeben. Diese Rücklagen wurden mir von der neuen Koalition gestrichen und die zusätzliche Million nicht gewährt. Der Kulturbeirat und ich haben uns dazu sehr kritisch geäußert. Geholfen hat das bisher nichts. Nun bin ich aber zuversichtlicher; ich kann mir schwer vorstellen, dass, wenn sämtliche große Kultureinrichtungen ihre Löhne an die Inflationsentwicklung anzupassen haben, das „Njet“ von Frau Bürgermeisterin in Stein gemeißelt bleibt.
Für eine Neuauflage des „Kulturjahres 2020“ wurde von der aktuellen Koalition kein Sonderbudget bewilligt. Ist das Projekt damit gestorben?
Leider ja.