Wie wird man eigentlich Filmproduzent? Dieter Pochlatko ist Geschäftsführer der epo-Film und Betreiber des Filmzentrums im Rechbauerkino in Graz. Im Interview erzählt der renommierte österreichische Filmproduzent, was es alles braucht, um einen guten Film zu machen.
Text: Lydia Bißmann / Stefan Zavernik
Man weiß, was SchauspielerInnen, RegisseurInnen und Kameraleute machen – was aber genau macht ein Filmproduzent eigentlich? Welche Eigenschaften und Talente sollte man hierfür mitbringen?
Die Hauptaufgabe eines Filmproduzenten ist primär das Finden des Stoffes und die Entwicklung eines guten Drehbuchs. Drehbuch ist alles für den Film. Natürlich ist auch die Finanzierung des Projektes sicherzustellen. Die Eignung dazu hat jeder Mensch, der ernsthaft ist und Leidenschaft und Leidensfähigkeit besitzt. Man muss risikobereit sein, mutig und fleißig.
Die epo Film ist die größte Filmproduktion Österreichs: Was hat Sie selbst einst zum Film gebracht?
Ich wollte eigentlich Mittelschulprofessor werden, habe Germanistik und Französisch studiert. Mein Vater hat seit 1954 eine Filmproduktion betrieben – die epo-Film: Erich Pochlatko Film. Er ist mit 66 Jahren sehr plötzlich gestorben. Ich habe über Nacht mein Studium abgebrochen und bin als Kameraassistent in die epo-Film eingetreten. So hat es begonnen.
Wann wird ein Film erfolgreich in Österreich? Hat man es als Filmproduzent geschafft, wenn der Film dann in den Kinos gezeigt wird?
Erfolg kann man mit zweierlei Maß messen: Künstlerischer Erfolg freut den leidenschaftlichen, kommerzieller den leistungsorientierten Produzenten. Beides zusammen ist natürlich das beste Ergebnis, aber bei Arthaus-Filmen ist es schwierig, mit einem positiven Erlös auszusteigen. Ins Kino kommen die Filme fast immer. Es gibt viele Festivals usw. wo man weniger opulente Filme zeigen kann. Öffentlichkeit ist auf jeden Fall da.
Welche Möglichkeiten gibt es für junge Menschen, um in das Filmgeschäft einzusteigen?
Wir haben jetzt eine sehr prosperierende Situation in der gesamten Filmbranche. Jungen Menschen kann ich nur Mut zureden, ihre Träume zu verwirklichen. Es war noch nie so günstig wie jetzt, für den Nachwuchs Jobs zu bekommen. Man kann sich in der Praxis bewähren oder an die Filmakademie in Wien gehen. Das ist der längere Weg und auch der schwierigere, weil dort nur wenige aufgenommen werden. Man kann aber auch ohne Akademie in den Beruf einsteigen. Die OrtweinschülerInnen der Abteilung Medien bekommen eine ausgezeichnete Fachausbildung mit auf den Weg. Die sollten nicht zu lange studieren, sondern gleich zu arbeiten beginnen. Wer mit 20 einsteigt, hat den Vorteil, dass er schon mit 25 etabliert ist – da verlassen die AbsolventInnen die Akademie. Natürlich haben die dann aber eine erstklassige Ausbildung und ein wertvolles Netzwerk von dort mitbekommen.
Wenn ich jetzt meinen ersten Kurzfilm machen möchte – was brauche ich dafür?
Am Anfang ist es wichtig, dass man ein homogenes Team findet, das sich versteht, ähnliche Ziele verfolgt und sich dann diversifiziert in den einzelnen Departments. Allein kann man keinen Film machen – Film ist Teamarbeit. Man braucht Buch und Regie, eine Organisation – das nennen wir Aufnahmeleitung – natürlich einen Kameramann/eine Kamerafrau mit einer Assistenz, einen Tonmenschen und einen Lichtmenschen. Wird es aufwendiger, kommen noch Kostüm und Maske hinzu. Ausstattung ist auch wichtig. Das sind bei gespielten Filmen dann meist sieben bis acht Personen. Bei Dokus kommt man schon mit drei Leuten aus.
Wie werden Filme finanziert?
Es gibt ein Mäzenatentum, es gibt auch Crowdfunding, wo man ein wenig sammelt. Eigentlich ist das aber alles Erbsenzählerei. In Wirklichkeit muss man die Förderfonds anzapfen. Es gibt eine gut ausgestattete Nachwuchsförderung im Bundeskanzleramt für den innovativen Film. In der Steiermark gibt es mit der CINE ART eine Förderschiene, die ausdrücklich für den Nachwuchs gedacht ist, und natürlich fördert auch die Stadt Graz. Wenn man als junge(r) Filmschaffende(r) von jeder dieser drei Förderstellen 5.000 Euro bekommt, hat man schon 15.000 Euro. Der Rest müssen dann Eigenleistungen sein. Das ist eine Grundfinanzierung, mit der man sicherlich was machen kann. Ich kenne junge Menschen, die mit 20.000 Euro einen sensationellen Kurzfilm gemacht haben, der allen Ansprüchen gerecht wird.
Die epo-Film produziert viele regional angesiedelte Filme, wie die Serie Landkrimi – gibt es einen Trend zur Regionalität im Filmbusiness?
Den Trend sehe ich nicht. Aber was ich den jungen Leuten immer predige, ist: „Sucht euch authentische Geschichten aus, die ihr vielleicht sogar selbst erlebt habt.“ Wenn jemand mit einer Idee für einen Western daherkommt, werde ich sagen: Das ist nicht gescheit. Filme werden einfach besser, wenn sie nicht so konstruiert und gekünstelt daherkommen. Man muss die Geschichte so einfach es geht erzählen, dafür umso empathischer. Je mehr man den Zuseher damit berührt, desto erfolgreicher wird der Film. Der ORF muss sich mit der Regionalität von amerikanischen und deutschen Produktionen abheben. Das geht am besten mit Geschichten, die in der Heimat spielen. Deswegen müssen sie aber nicht kitschig sein oder heimattümeln, wie man beim Landkrimi sieht, der als Serie sehr erfolgreich ist.
Wie beurteilen Sie Graz als Filmstadt für Produktionen?
Graz ist aus mehreren Gründen eine sehr gute Stadt zum Drehen. Graz ist überschaubar, die Wege sind hier nicht so weit. Es ist als Kulisse noch nicht so verbraucht für den Bildschirm wie Wien – es ist jungfräulicher. Und: Graz ist sehr filmfreundlich! In Wien haben Anrainer schon eine solche Wut, wenn man ihnen dauernd die Parkplätze wegnimmt mit den vielen Wohn- und Lastwagen und Halteverboten beim Dreh. Wir haben in Graz auch eine extrem hilfreiche Behörde, die uns keine Steine in den Weg legt. Ganz im Gegenteil.
Gibt es Projekte, an denen Sie als Produzent gescheitert sind, die nicht umsetzbar waren?
Ich bin nie steckengeblieben mit einem Film, aber gescheitert schon im Sinne von gigantischen Geldverlusten. Es gibt Filme, die du im Vorhinein zwar bestens planst, dann hast du einen Regisseur, der dir alles verspricht und sich dann an nichts hält. Dann läuft es komplett aus dem Ruder und man überschreitet das Budget. Da muss man eben schauen, dass man im nächsten Jahr mehr verdient.
Was war das schwierigste Projekt bislang, was das erfolgreichste?
Das war in der Vergangenheit Klimt (2006). Es ist mein Lieblingsfilm und auch unser erfolgreichster Film, aber Klimt war produktionstechnisch sicher das Schwierigste. Der Film war international besetzt, mit Österreich, Deutschland, England und Frankreich waren vier europäische Länder daran beteiligt. Mit Raúl Ruiz hatten wir einen chilenischen Regisseur und John Malkovich spielte die Hauptrolle. Es gab vier Co-Produzenten, aber ich hatte das volle Risiko. Wir haben alle Fördertöpfe angezapft, die möglich waren. Das war für den österreichischen Film eine sehr große Dimension. Es ist an die Grenze der eigenen physischen Kraft gegangen.