Die Kunstuniversität Graz ist bekannt als Geburtsstätte faszinierender Operninszenierungen und Musiktheaterproduktionen. Unter einer frisch berufenen Doppelspitze erlebt das Genre an der KUG nun einen vielversprechenden Neustart. Zu erleben ab 9. Dezember mit Mozarts Così fan tutte.
Text: Heimo Götz
Legendär die Zauberflöte, mit der im März 2009 das MUMUTH – Haus für Musik und Musiktheater eröffnet wurde. Oder die 99. und letzte Inszenierung von Ernst M. Binder: Humperdincks Hänsel und Gretel, interpretiert als Flüchtlingsdrama. Der Grazer Autor und Theatermacher war unmittelbar vor der Premiere überraschend verstorben. Statt seiner 100. Inszenierung wurde ein auf KUG-Anfrage verfasster Nachruf Elfriede Jelineks verlesen. An der Kunstuniversität Graz hatte Binder das Projekt „Opern der Zukunft“ betreut, dessen Name programmatisch umreißt, wofür die KUG steht. Richtungsweisend waren hier auch die regelmäßigen Uraufführungen im Rahmen des Johann-Joseph-Fux-Opernkompositionswettbewerbs. Zuletzt Canvas von Nina Šenk.
Als eine Kunstuniversität, die sich künstlerisch sehr zeitgenössisch präsentiert, solle sich die KUG auch mit ihrer Ausbildung im Heute positionieren, betont Ingo Kerkhoff, seit 2022 KUG-Professor für Musikdramatische Darstellung (szenische Interpretation). Dasselbe gelte für das Musiktheater: Das müssen wir auf der Suche nach Relevanz jenseits von Museum und Elfenbeinturm in die Mitte der Gesellschaft stellen. Kerkhoff möchte eine Opernproduktion zur Entdeckungsreise machen, Spiel und Gesang verbinden, um eine Geschichte zu erzählen. „In der Oper klingt Musik nur, wenn der Gesang von der Rolle durchdrungen ist, wenn man eine Haltung zur Frage hat: Warum sind die Noten, wie sie sind?“
Gemeinsam mit dem neuen KUG-Professor für Musikdramatische Darstellung (musikalische Interpretation und Ensembleunterricht) Gerrit Prießnitz probiert er daher eine Neuausrichtung des Studiums: In einem mindestens viersemestrigen Master wird angestrebt, dass die Studierenden mit vier verschiedenen Genres in Berührung kommen: Moderne oder klassische Moderne, Romantik, Wiener Klassik (idealerweise Mozart). „Und dann gibt es noch einen ,Joker‘, das kann mal ein Händel, das kann Monteverdi, das kann aber auch eine klassische Operette sein“, so Prießnitz. „Es schwebt uns vor, dass sich zu unserer Idee – also vier Genres bzw. Epochen in vier Semestern – herumspricht: Wenn du das an der KUG gemacht hast, dann bist du fit, dann hast du eine ideale Ausgangsbasis für den Beruf des Sängers oder der Sängerin.“
Als Gesamtkunstwerk wird Oper an der KUG auch in ihrer Gesamtheit von Studierenden erarbeitet – im Orchester, auf der Bühne und im Bühnenbildatelier. „Wir vermitteln hier an der KUG den Prozess wirklich von A bis Z, von dem Moment, wo eine Partie vergeben wird, bis zum Schlussapplaus in der letzten Vorstellung“, betont Prießnitz. Dabei geht es auch um das Sammeln konkreter künstlerischer Erfahrungen: „Wie viel Zeit brauche ich dafür, was fällt mir leicht, was fällt mir schwer, was kann ich in Eigenregie lernen, usw. Diesen Weg sollen die Studierenden in mehreren Partien durchlaufen – das ist für mich das Entscheidende.“ Diese Partien werden im Dezember aus der Wiener Klassik sein. Wie zu seiner Eröffnung wird im MUMUTH wieder Mozart erklingen: Così fan tutte, seine „Schule der Liebenden“ nach einem Libretto Lorenzo da Pontes.
Wolfang Amadeus Mozart: Così fan tutte
9., 11., 13., 15.12.2023, 19 Uhr
MUMUTH, György-Ligeti-Saal
Opernorchester und Opernchor der KUG
Musikalische Leitung: Gerrit Prießnitz, Ihor Kolomiiets (15.12.)
Inszenierung: Ingo Kerkhof
Ausstattung: Yunnai Zhang (Studierender Bühnengestaltung)
Karten: www.kug.ac.at/tickets und Abendkasse