Wer eine Reise in das China von vor mehr als 2.200 Jahren wagen möchte, kann das momentan auch mitten in Graz tun: Mit der aktuellen Ausstellung über die sagenumwobene Terrakotta Armee des Ersten Kaisers von China beherbergt die MCG eines der großen Kultur-Highlights des Jahres.
Seit 2014 verfolgt die MCG (Messe Congress Graz Betriebsgesellschaft m.b.H) das Ziel, ihr Publikum auch mit internationalen Wanderausstellungen zu begeistern. Und zwar mit einem Mix aus Unterhaltung, Abenteuer und Wissen. Nach der erfolgreichen Dinosaurier-Ausstellung im vergangenen Jahr, konnte für 2015 nun ein wahrer Kracher an Land gezogen werden. Die umfangreiche Ausstellung Die Terrakotta Armee und der Erste Kaiser von China hat das Zeug eine Schulklasse ebenso zu begeistern, wie den fachkundigen Historiker. „Achtzig“ besuchte die Messehalle A und tauchte für ihre Leser in die mystische Welt des alten Chinas ein.
Ein König beendet die Zeit der streitenden Reiche und eint China
Bis zum Jahre 220 v. Chr. war China ein in sich zerstrittenes Land, in dem sieben verschiedene Reiche untereinander Kriege um die Vorherrschaft führten. Die größte und vermutlich auch kultivierteste Region darunter war Qin. Sie war äußerst wohlhabend und hatte bereits eine innerstaatliche Organisation. Ihr glorreicher Aufstieg nahm mit der Krönung des 13-jährigen Ying Zheng seinen Anfang. Der junge Herrscher unternahm – nachdem er seine Volljährigkeit erreicht und die Regierungsgeschäfte in die Hand genommen hatte – ab dem Jahre 230 v. Chr. mehrere Feldzüge im ganzen Land. Mit einem gigantischen Heer von etwa 600.000 Mann gelang es ihm in nur wenigen Jahren, alle anderen Königreiche zu unterwerfen und damit die Vorherrschaft Chinas zu erlangen. Als Erster Kaiser von China nannte er sich fortan Qin Shihuangdi („Erster erhabener Gottkaiser von Qin“).
Reformen und gnadenlose Machterhaltung
Innerhalb eines Zeitraumes von nur zehn Jahren gelang es ihm, mit zahlreichen Reformen einen Staat aufzubauen, dessen Grundfeste an die 800 Jahre überdauern sollten. Möglich wurde dies durch die Schaffung eines Beamtenstaates, der ihm die absolute Kontrolle über Reich und Untertanen garantierte. Das System von Belohnung und Bestrafung diente ebenso zur Wahrung der Macht, wie die Philosophie des Legalismus, bei dem das Kollektiv ausnahmslos über dem Individuum stand. Der Kontrollwahn des Kaisers nahm im Laufe seiner Amtszeit immer despotischere Züge an. So wurde den Untertanen vorgegeben, wie ihre Kleider auszusehen hatten, wie der Haarknoten von Männern sitzen sollte und die Form ihre Schnurbärte bemessen sein sollten.
Zu seinen wichtigsten Reformen zählte die Einführung einer einheitlichen Währung und einer Schrift. Er installierte ein großangelegtes Straßennetz, darunter die „gerade Straße“, die 800 Kilometer schnurgerade vom Sommerpalast in der Nähe der Hauptstadt bis tief in die Mongolei führte. Qin Shi Huangdis sorgte auch für den Ausbau der Chinesischen Mauer um das Reich im Norden gegen Nomadenstämme abzusichern. Seine spektakulärste Hinterlassenschaft ist aber das unterirdische Mausoleum, die Nekropolis. Angeblich wurden dafür 700.000 Zwangsarbeiter abgestellt.
Qin Shihuangdi Angst vor dem Tod
Der Kaiser verstarb während einer seiner Inspektionsreisen durch das Land. Und zwar relativ jung. Grund dafür war wohl – so paradox es klingen mag – gerade seine Angst vor dem Tod. Mit zunehmendem Alter suchte er immer besessener nach einem Weg um Unsterblichkeit zu erlangen, dabei vertraute er zunehmend auf das Wirken von Göttern und Geistern. Nach erfolglosen Expeditionen zu den Inseln der Unsterblichkeit setzte er vermehrt auf die Heilpraktiken von Schamanen und Alchimisten. Um den Tod zu überwinden, setzten diese wiederum auf quecksilberhaltige Präparate. Die Wundermittel bewirkten allerdings das genaue Gegenteil und beschleunigten den geistigen und körperlichen Verfall des Kaisers. Seine Furcht vor dem Tod findet vor allem in seinem gigantischen Grabmal, der Nekropolis, Ausdruck. Der Bau der Anlage begann bereits kurz nach der Kaiserkrönung. Entdeckt wurde diese rein zufällig im Jahre 1974, als chinesische Bauern aus dem Dorf Xijang an einem Brunnen arbeiteten. Sie gilt heute als eine der größten Grabbauten der Welt. Berühmt wurde sie vor allem durch die 8.000 Terrakotta-Soldaten, die den Kaiser im Leben nach dem Tod zur Seite stehen sollten. Die Ausstellung Die Terrakotta Armee und der Erste Kaiser von China ermöglicht es, dieses spektakuläre Erbe mitten in Graz zu erleben.
Die Terrakotta Armee mitten in Graz
Zweifellos zählt die Nekropolis zu den größten archäologischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts. Das Grabmal des Ersten Kaisers von China erstreckt sich über eine Fläche von insgesamt 56 km2. Der imposanteste Teil ist eine Armee aus vermutlich mehr als 8.000 Terrakotta-Kriegern, 150 Streitwägen, 670 gesattelten Pferden und vielem mehr. Noch sind die Funde nicht komplett ausgegraben. Seit 1987 ist das Meisterwerk Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Die aktuelle Ausstellung auf der Grazer Messe gilt als vollständigste Ausstellung, die je zur Terrakotta-Armee konzipiert wurde. In einer kunstvollen Inszenierung präsentiert sie rund 300 lebensgroße Nachbildungen von Statuen, Waffen, Wagen und Objekten aus dem täglichen Leben des berühmten Kaisers. Die Ausstellungsobjekte wurden alle von Handwerkern aus der Ausgrabungsregion gefertigt, in derselben Herstellungsweise, wie sie einst unter Qin Shihuangdi in Auftrag gegeben wurden. Gezeigt wird aber nicht nur die Armee, sondern auch andere Statuen und Artefakte, die im Alltag des damaligen Reichs zum Einsatz kamen.
Fazit: Ausstellungsbesucher erwartet ein spektakulärer Ausflug in das alte China. Videodokumentationen und Audio-Guides helfen dabei, das umfangreiche Hintergrundwissen facettenreich darzustellen. Ein wahrliches Highlight für Geschichtsbegeisterte jeden Alters. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis Ende Dezember.
Infos & Tickets: www.terrakotta-armee.at
Text: Stefan Zavernik