Start Kunst & Kultur Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik: „Nun ist er also ganz heimgekehrt!“*

Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik: „Nun ist er also ganz heimgekehrt!“*

*) Bundespräsident Wilhelm Miklas in seiner Ansprache am 1. Dezember 1935 im Zuge der feierlichen Enthüllung des Tegetthoff-Denkmals.

In den 1930er-Jahren versuchte der Austrofaschismus eine Österreich-Ideologie zu etablieren, indem er das Land auch mit Symbolen der untergegangenen Monarchie zu festigen trachtete. Zeuge dessen ist die Errichtung des Tegetthoff-Denkmals in Graz, welches den Kommandanten der österreichischen bzw. österreichisch-ungarischen Kriegsmarine instrumentalisierte. Zum 80-Jahr-Jubiläum der Enthüllung des Denkmals organisiert die Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik eine Veranstaltung, deren Impetus es ist, im Rahmen einer richtig positionierten Gedenkkultur auch für die Passanten nicht nur unbestimmt Feierliches bereitzuhalten.

"Tegetthoff auf der Kommandobrücke" Keramik von Erwin Schwentner.
„Tegetthoff auf der Kommandobrücke“
Keramik von Erwin Schwentner.

Am 1. Dezember, wenn sich die Enthüllung auf den Tag genau zum 80. Mal jährt, findet auf Einladung der Steirischen Gesellschaft für Kulturpolitik zuerst am Tegetthoffplatz, danach im Museum im Palais eine Veranstaltung statt, die das Gedenken an den Marinekommandanten ins rechte Licht rücken soll. Im Falle Tegetthoffs kommt zusätzlich der Unterschied zwischen Geehrtem und Ehrendem zum Tragen: gegen Tegetthoff ist aus seiner Zeit heraus wenig einzuwenden, seine Instrumentalisierung durch die Austrofaschisten steht aber auf einem anderen Blatt…

Karriere in allen Ehren

Wilhelm von Tegetthoff wurde am 23. Dezember 1827 in Marburg an der Drau, Untersteiermark, als Sohn eines k.u.k.-Oberstleutnants in eine von Maria Theresia geadelte Familie geboren. Von 1840 bis 1845 besuchte er das österreichische Marinekollegium in Venedig und wurde dort als Marinekadett ausgemustert. Die Revolution von 1848 und die folgenden Veränderungen förderten Tegetthoffs schnelle Karriere. Er wurde zum Seeoffizier ernannt, machte während der Jahre 1848 und 1849 die Blockade von Venedig mit und wurde danach bei vielen Fahrten und Expeditionen der kaiserlichen Marine bis in die Levante und zu den sogenannten Barbareskenstaaten eingesetzt.

Anton Romako, "Admiral Tegetthoff in der Seeschlacht von Lissa, 1878–1880"
Anton Romako, „Admiral Tegetthoff in der Seeschlacht von Lissa, 1878–1880“

Seeschlacht von Lissa/Vis

Zum „Seehelden“ avancierte Tegetthoff durch seinen Sieg in der Seeschlacht von Lissa (Adria) am 20. Juli 1866 gegen die italienische Flotte im verlorenen Deutschen Krieg (Preußen und Italien gegen Österreich und den Deutschen Bund). Für seine Rammtaktik gegen die überlegene italienische Flotte erhielt er das Kommandeurkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens, wurde zum Vizeadmiral befördert und füllte bis zu seinem Tode die Funktion eines Marinekommandanten aus. Tegetthoff erkrankte 1871 im Alter von 43 Jahren an einer Lungenentzündung, an der er noch im selben Jahr in Wien verstarb. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof von St. Leonhard in Graz.

Wilhelm von Tegetthoff
Wilhelm von Tegetthoff

Hochdekoriert – kontrovers gedacht

Für seinen Triumph in der Seeschlacht von Lissa/Vis ließ ihm Kaiser Franz Joseph 1877 in Pola/Pula, dem Kriegshafen der k.u.k.-Monarchie, ein Denkmal mit der Inschrift setzen: „Tapfer kämpfend bei Helgoland, glorreich siegend bei Lissa, erwarb er unsterblichen Ruhm sich und Österreichs Seemacht“. 1918, nach dem Zerfall der Donaumonarchie, wurde Pola italienisch, das Standbild abmontiert und in das Marinearsenal von Venedig verfrachtet. Nach der Annäherung des autoritären Österreichs an Mussolini kam es – als Geschenk des faschistischen Italiens – nach Graz und wurde am 1. Dezember 1935 im Rahmen eines pathos-erfüllten österreichisch-patriotischen Festes in einem Park an der Elisabethstraße enthüllt. Fast 80 Jahre später wird es seit geraumer Zeit restauriert, wodurch momentan nur der Sockel zu sehen ist. Gleichzeitig sind in der Grazer FP-Zeitung entrüstete Vermutungen zu lesen, dass an eine neuerliche Aufstellung nicht mehr gedacht sei.

 

„Nun ist er also ganz heimgekehrt!“ 

Zur Errichtung des Tegetthoff-Denkmals in Graz am 1. Dezember 1935

Collage von Gerhard M. Dienes. Mit Gerhard Balluch und Gerhard M. Dienes / Musikalische Reflexionen: Peter Kunsek, Klarinette – Uli Rennert, Elektronische Tasteninstrumente / Keramische Modelle von Erwin Schwentner

Dienstag, 1. Dezember 2015

17 Uhr, Tegetthoffplatz, 8010 Graz 18 Uhr, Museum im Palais, Sackstraße 16, 8010 Graz

Veranstaltet von Universalmuseum Joanneum und Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik. Eintritt frei!

Die Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik konfrontiert möglichst viele Menschen mit kulturellen bzw. künstlerischen Phänomenen, will sie in Diskussionsprozesse einbeziehen und kritisches Bewusstsein aktivieren. Präsident: Dr. Kurt Flecker

 

Text: Wolfgang Pauker