Landschaften, Steinpilze und ikonische Berggipfel. Die Galerie Reinisch präsentiert neue Arbeiten von Herbert Brandl. „Achtzig“ sprach mit dem Kunststar über die Natur als Inspirationsquelle, den Flow und das Pilze-Sammeln.
Interview: Stefan Zavernik
Die Natur spielt in Ihrer Malerei eine zentrale Rolle. Was hat zu diesem Naheverhältnis geführt?
Ich hatte immer schon eine starke Sehnsucht nach der Natur. Und das, obwohl ich immer in der Stadt gelebt habe. Auch wenn ich nicht im Wald, am Berg oder am Meer bin, die Natur ist immer mit mir. Ich erlebe sie stets vor meinem inneren Auge, das beruhigt mich sehr. Sie hat mich auch schon immer sehr inspiriert. Lange Zeit habe ich Mineralien gesammelt. Diese ganzen Farben, die mir diese Steine liefern, haben mich inspiriert und ihre Farben spiegeln sich auch in meinen Bildern wider.
In der Ausstellung sind als eine der drei gezeigten Werkgruppen querformatige Landschaften zu sehen. Landschaftsmotive kommen in Ihrer Malerei seit langer Zeit immer wieder vor. Was macht ihren Reiz für Sie aus?
Bei den aktuellen Landschaften in der Ausstellung habe ich grasige Landschaften aus dem Seewinkel gemalt. Mir ging es bei meinen Landschaftsbildern schon immer mehr um Empfindungen, um kaum fassbare Emotionen. Als ich noch Student war, haben mich speziell ruhige Wasseroberflächen bei Teichen sehr beeindruckt, solche, die überhaupt nicht gekräuselt waren. Die Malerei und die einzelnen Motive standen da gar nicht so sehr im Mittelpunkt.
Es heißt, Sie gehen leidenschaftlich gerne in die Berge. Ihre Bergbilder sind auch ein Resultat davon. Was ist so faszinierend daran?
Ich bin zwar gebürtiger Grazer, bin aber in Schwanberg aufgewachsen. Da war der Berg zumindest im Ortsnamen vorhanden. Meine Liebe zu den Bergen hat mit meiner Kindheit zu tun. Mein Vater hat mir Berg-Geschichten erzählt und einen Berg auf die Wand in meinem Zimmer gemalt. Berge waren und sind auch heute noch exotisch für mich. Das Berner Oberland, zum Beispiel, oder einige schöne Plätze in Österreich, ziehen mich regelrecht an. Ich bin einfach gerne dort. Ich sitze leidenschaftlich gerne vor Berghütten. Meine Bergbilder sind ein Resultat des Höhenrausches.
Sie sprachen den Höhenrausch an. Gibt es bei Ihnen so etwas Ähnliches auch bei der Arbeit im Atelier?
In der Malerei geht es um den sogenannten „Flow“. Der Begriff ist zwar überstrapaziert, aber treffend. Beim Malen schalte ich auf ganz hochkonzentriert. Ich bin sehr fokussiert auf das, was ich mache. Das kommt einem Art Höhenrausch relativ nahe, aber es bleibt ein Malrausch. Erst wenn man ausgepowert ist, hört man auf. Es gibt auch andere Arten, Malerei zu betreiben. Für mich ist es wichtig, durch die Kunst über sich selbst hinauszugehen, um sich selbst zu finden. Das ist das Schöne für mich.
Haben Sie Ihre Berge, die Sie gemalt haben, bestiegen?
Nein, nur ganz wenige. Viele Motive kommen aus der Ferne, aus Bergbildbüchern oder Bergbilderpostkarten von befreundeten Bergsteigern. Viele, die ich gemalt habe, sind über 5.000 Meter hoch. Manche meiner Bilder entstehen auch rein aus der Geste. Die Farben Blau, Weiß, Schwarz und Braun machen für mich die farbliche Essenz eines Berges aus.
Die Berge in der aktuellen Ausstellung sind auf eine spezielle Art gedruckt worden. Was war die Idee dahinter?
Der Unterdruck sozusagen ist eine Lithographie. Darüber habe ich dann eine Monotypie gelegt. Der Fels ist damit auf allen entstandenen Bildern immer der gleiche, die Farbe aber ist immer anderes und spiegelt das sich ständig verändernde Wetter wider.
In der aktuellen Ausstellung ist auch eine Serie mit Steinpilzen zu sehen. Sammeln Sie selbst?
Schon als Kind war ich mit meiner Mutter Pilze-Sammeln. Mein Auge ist von klein auf darauf trainiert, diese braunen Nuancen der Steinpilze im Wald sofort zu erkennen. Ich habe mittlerweile den Blick dafür. Dieses Jahr hat es unglaublich viel zu finden gegeben, es war eine richtige Pilz-Schwemme. Dennoch muss man die Plätze kennen, um kontinuierlich erfolgreich zu sein. Die Pilze wachsen im Grunde jedes Jahr am gleichen Platz. Für die Bilder in der Ausstellung habe ich die schönsten Exemplare in mir abgespeichert. Sie haben sich in mich eingeprägt, beim lockeren Malen kommen sie dann aus mir raus.
Wie verspeisen Sie sie am liebsten?
Einfach angebraten schmecken sie uns sehr gut. Wir mischen auch gerne unterschiedliche Pilzarten und machen eine Sauce damit.
Wie kam es, die Herrenpilze auch als Motiv für die Malerei zu nutzen?
2012 hatte ich den Pilz als Motiv schon einmal verwendet, für ein Plakat zu einer Ausstellung bei Helmut Reinisch. Nun habe ich das Motiv wieder aufgegriffen und hatte ehrlich gesagt einen großen Spaß dabei, den Pilz als Monotypie zu drucken. Für mich ist mit den Pilzen einfach schöne Malerei entstanden. Jeder der Drucke ist ein Unikat.
Mir Ihrem Werk setzen sich mittlerweile Kuratoren in Museen auf der ganzen Welt auseinander. Verlangt die Komplexität Ihrer Malerei die wissenschaftliche Auseinandersetzung, um sie fassen zu können?
Hinter meinen Bildern stehen keine Theorien. Ich würde auch keine Aufsätze darüber schreiben wollen. Man sieht das, was man sieht. Das ist auch mein Ziel: dass man sich gar keine Fragen beim Betrachten meiner Bilder zu stellen braucht, was man da eigentlich sehen soll.
Hat sich der Anspruch an die eigene Kunst über die Jahrzehnte verändert?
Ich habe als junger Wilder produziert, ohne auf den Sammler etwas zu geben. Heute ist mir das Material viel wichtiger geworden. Die Qualität der Leinwand, der Farbe, des Rahmens. Alles soll möglichst perfekt sein. Mittlerweile lege ich auf solche Sachen einen fast schon zu hohen Wert.
Wie entstehen Ihre Bilder?
Ich liebe es, wenn die Dinge im Fluss sind, wenn ein Bild auf das andere folgt. Oft lege ich meine Arbeit als Serie an. Dazwischen liegen aber oft Strecken von Monaten, in denen ich am Überlegen bin. Einer Arbeit geht immer ein längerer gedanklicher Prozess voraus. Wie lege ich alles an? Wie wird das aussehen? Das Kunstwerk selbst entsteht dann oft relativ schnell. Manchmal aber auch nicht. Manchmal stimmt irgendetwas nicht, und ich kann es erst Jahre später zu Ende bringen.
Herbert Brandl – Sag mir, wo die Pilze sind, wo sind sie geblieben?
Zu sehen bis 30. November
Galerie Reinisch, Hauptplatz 6, 8010 Graz
www.reinisch-graz.com