
Alternatives Kulturprogramm in der Obersteiermark: Mitten in der Brucker Innenstadt, umwoben vom Stadtfluss Mur, liegt das dachbodenTheater 2.0, in dem Andi Peichl und Fritz Kabinger „Musik und Kabarett zu ebener Erde“ anbieten.
Text: Lydia Bißmann
Wer das dachbodenTheater 2.0 in Bruck an der Mur sucht, muss keine steilen Stufen mehr hochklettern. Seit 25 Jahren versorgt die unabhängige Kleinkunstbühne die obersteirische Stadt mit einem abwechslungsreichen kulturellen Programm – Poetry Slam, Kabarett und Kindertheater sind hier genauso zu finden wie intime Konzerte aus den Genres Blues, Jazz, Rock, Folk und Weltmusik. Seit 2017 ist das dachbodenTheater 2.0 „zu ebener Erde“ in der Roseggerstraße 18 im City Center zu finden, wie das Hinweisschild verrät. Fritz Kabinger führt das Theater als Einzelunternehmer und ist zugleich Obmann des Vereins „Kultur im Glanz“, der gemeinsam mit dem Verein „TheAter
Direkt“ unter der Leitung von Andreas Peichl das Theater bespielt.

Foto: Stadt Bruck
Vom Christbaumschmucklager zur Kleinkunstbühne
Der Original-Dachboden liegt nur wenige Meter Luftlinie entfernt in der Mittergasse. Hier traf sich ab dem Jahr 2000 die freie Theatergruppe TheAter Direkt, die sich – ähnlich wie das Theater im Bahnhof (TiB) in Graz – auf Improvisationstheater spezialisiert hatte. Gegründet wurde sie von Andi Peichl, der während des Studiums in Graz bei UniT für das Theater entflammte. Gemeinsam wurde der Dachboden, in dem ursprünglich die Weihnachtsdeko für das anliegende Einkaufszentrum gelagert wurde, im Prekariat adaptiert und hergerichtet. Unter den Gründungsmitgliedern finden sich neben dem Kulturmanager, Regisseur und Kabarettisten Andi Peichl auch Thomas Stipsits, der zwar Stinatz-Krimis schreibt, aber tatsächlich aus der Obersteiermark stammt und hier seine künstlerischen Anfänge hatte. Fritz Kabinger besuchte eine der damaligen Off-Szene-Aufführungen als ganz normaler Gast und beanstandete – als Betreiber eines kleinen Cafés mit Rock-Ausrichtung –, dass das Bier etwas kälter sein könnte. Daraus entwickelte sich eine Zusammenarbeit, die bis heute besteht. Da sich die feuerpolizeilichen Anforderungen und die Besitzverhältnisse des Hauses im Laufe der Zeit änderten, musste der Original-Dachboden leider aufgegeben und ein Ersatz gefunden werden. Nun ist das dachbodenTheater 2.0 unweit der Mur in der Roseggerstraße 18 zu finden. Geld für Umzug und Umbau wurde unter anderem durch einen Benefiz-Kabarett-Abend aufgestellt. Bei „Lachen für das dachbodenTheater 2.0“ traten Humorstars wie Marion Petric, Mike Supancic, Pepi Hopf, Tricky Niki, Petutschnig Hons oder Martin Kosch auf.

Kabarett als Spezialität
Ein Vorteil des Theaters, das am neuen Standort inzwischen Platz für etwa 120 Personen bei durchschnittlich 80 Veranstaltungen im Jahr bietet, sind die besten Kontakte zur heimischen Musik- und Kabarettszene. Die heimelige Location eignet sich mit den Tischen hervorragend für Kabarett und wird auch gerne für Vorpremieren genutzt. Hier kann noch am nagelneuen Text gefeilt und geschliffen werden, hier kann ein freier Tag vor einem Gig in Wien oder Graz auch mal für ausgiebige Proben genutzt werden, da das dachbodenTheater 2.0 nicht jeden Tag geöffnet hat. „Es heißt ja nicht umsonst Kleinkunst“, so Andreas Peichl, der als Regisseur, Co-Autor oder Booker unter anderem mit Thomas Stipsits, Paul Pizzera, Klaus Eckel oder Mike Supancic zusammenarbeitet. Gute Vernetzungen zur heimischen Szene machen es auch möglich, dass das dachbodenTheater 2.0 ein Geheimtipp für Fans von Poetry-Slam in der Steiermark ist. Im April findet hier bereits der 68. „Slam an der Mur“ statt, der junge, erfolgreiche Slam-Künstlerinnen und -künstler – die vorher beim Hörsaal Slam in Graz auftreten und manchmal auch in Klagenfurt einen Tourstopp einlegen – in die Obersteiermark holt. Der „Slam an der Mur“ wird gemeinsam mit der Stadt Bruck und dem Verein „Performte Literatur und Slam – Verein PLuS“ veranstaltet. Der fast monatliche Slam ist auch ein guter Anlass für die Slam-Szene rund um den Wortkünstler Mario Tomić, regelmäßig neue Texte zu produzieren, unterstreicht Fritz Kabinger. Unterstützer und Ideengeber für dieses beliebte Format ist Harald Fladischer, der als Slam-Poet der ersten Stunde nun im Jugend- und Stadtmuseum der Stadt Bruck tätig ist.

Foto: Marija Kanizaj
Blues, Jazz, Weltmusik und Kinder
Neben Humor und Wortkunst ist das dachbodenTheater 2.0 auch ein Zuhause für ein gut durchmischtes Musikprogramm quer durch alle Genres. Gegen Big Bands hat man prinzipiell nichts, gegen unfaire Bezahlung aber schon, was den Fokus auf kleinere Besetzungen legt. Der Qualität tut das aber keinen Abbruch: „Sir“ Oliver Mally, Charly & Die Kaischla Buam, Blues-Ikone Christian Masser, die Schick Sisters oder das Crossing Strings Acoustic Duo geben sich hier ebenso die Klinke in die Hand wie Son of the Velvet Rat, das Rudi Biber Trio oder die Electric Blues Connection. Eine gut durchdachte Mischung, wie sie in Graz sonst im Artist’s, in der Brücke oder im Theatercafé zu finden ist. Aber auch der jüngste Nachwuchs wird nicht vergessen. Das steirische Quasi Quasar Theater bietet Kindertheater zum Mitspielen und gibt neben dem Hauptspielstandort im FRida & freD Knopftheater im Grazer Kindermuseum regelmäßig Gastspiele in Bruck. Produktionen wie Die Henne Henriette, Der kleine Marienkäfer oder die Inszenierung des Kinderbuch-Evergreens von Mira Lobe und Susi Weigel, Das kleine Ich bin Ich, richten sich an ein Publikum ab etwa drei Jahren. Im Sommer gibt es durch die Kooperation mit Kultur im Glanz ein erweitertes Programm des dachbodenTheater 2.0. Hier werden seit 2010 regelmäßig Open-Air-Konzerte, Lesungen und Slams an Orten wie dem City Beach Bruck oder im Glanzgraben veranstaltet. Bei schlechtem Wetter kann einfach in das Indoor-Theater ausgewichen werden. Das ist praktisch und gibt Sicherheit.

Foto: Anna Maria Muchitsch
Theater als sozialer Ort
2025 feiert das dachbodenTheater sein 25-jähriges Bestehen – mit gewohnt alternativ-anspruchsvollem Programm und einem besonderen Abend am 25. Juni. Was geplant ist, bleibt vorerst geheim. Andi Peichl wünscht sich unter anderem die Rückkehr der „Langen Nacht des Kabaretts“ sowie die Inszenierung eines eigenen Stücks, an dem schon geschrieben wird. Doch es gibt auch Herausforderungen: Der Leerstand in der Innenstadt erschwert das Umfeld, und Gastronomie für Künstlerinnen und Künstler nach dem Auftritt fehlt oft. „Manchmal bleibt nur McDonald’s“, so Peichl. Finanzielle Unsicherheiten begleiten den Betrieb ohnehin dauerhaft. Der größte Wunsch der Betreiber: Dass Kultur wieder mehr als kollektives Erlebnis verstanden wird – als Ort, an dem sich Menschen begegnen.
dachbodenTheater 2.0
Roseggerstraße 18, 8600 Bruck an der Mur
Kartenreservierung und Programm: www.dachbodentheater.at
Highlights 2025
Sa, 3.5.
Tag der Befreiung „Nie wieder Krieg“ Konzert und Poetry
Fr, 23.5.
Charly & Die Kaischlabuam Dialekt-Blues
Mi, 4.6.
69. Slam an der Mur
Poetry Slam, Moderation: Mario Tomić
Fr, 13.6.
Son of the Velvet Rat
Mi, 25.6.
25 Jahre dachbodenTheater
Mi, 8.10.
Oliver Mally „40 years on the road tour“! feat. Peter Schneider
Do, 4.12.
Christoph Spörk
Kabarett-Vorpremiere