Start Kunst & Kultur Aionav: Das Museum in der Jackentasche

Aionav: Das Museum in der Jackentasche

Aionav-Gründer Ulrich Walder

Aionav, ein Start-up-Unternehmen der TU Graz ist am besten Weg, die Welt der Smartphones nachhaltig zu verändern. Kulturschaffende und Kunsteinrichtungen zählen bereits zu den ersten Nutzern des Tools, das es ermöglicht, intelligente Apps kinderleicht selbst zu erstellen. „Achtzig“ sprach mit Aionav-Erfinder Prof. Ulrich Walder über die neue Technologie und ihre Möglichkeiten.

„Die Jugend liest zu wenig“, heißt es immer wieder, „dafür verschwendet sie die Zeit mit ihrem Smartphone.“ Eine wenig attraktive Entwicklung könnte man meinen?

Wenn man junge Menschen in der Öffentlichkeit sieht, sind diese in der Tat meist mit ihren Smartphones beschäftigt. Und es liegt nahe zu denken, sie würden ihre Zeit mit Blödsinn vergeuden. Aber so einfach ist es nicht. Widmen sie sich der Kommunikation und sei es auch nur über WhatsApp oder Twitter, so tun sie nichts anderes als das, was früher zu ewig besetzten Telefonen oder hohen Portokosten geführt hat. Sind sie nur am Spielen, könnte es ja auch damit zusammenhängen, dass sonst keine adäquaten Inhalte für Smartphones vorhanden sind. Das wiederum liegt nicht daran, dass ein Mangel an Informationen bestünde, mit dem man sich befassen könnte; im Gegenteil: Information ist im Überfluss vorhanden, aber eben nicht in der Jugendliche ansprechenden Form, d. h. kompakt, multimedial, spannend oder, wie es so schön heißt, cool. Früher, wenn man etwas besuchen gegangen ist, hat man sich darauf vorbereitet. Nicht nur in Kunst- und Kulturangelegenheiten. Auch was das Reisen betrifft, hat man Bücher studiert und sich mit der fremden Kultur auseinandergesetzt. Heute ist das anderes. Die Zeit ist eine schnelllebige geworden. Man hat immer weniger Zeit für Bücher, oft nicht einmal mehr für Tageszeitungen. Auch soll die Informationsaufnahme immer bequemer werden. Fakt ist: Smartphones haben sich zum ständigen Begleiter des Menschen entwickelt. Für viele ist es sogar das erweiterte Gehirn geworden. Dennoch sind bis heute von ca. 50 Millionen Apps weltweit an die 30 Millionen nicht mehr als anspruchslose Spiele. Es gibt kaum intelligente Apps oder Inhalte, mit denen sich Jugendliche in der ihnen zusagenden Form – spielerisch – beschäftigen könnten. Hier liegt das Problem – und auch eine große Chance für die Zukunft: Es besteht definitiv die Möglichkeit, sein Smartphone zu nutzen, um sich mit wertvollen Inhalten intensiv und spielerisch zu beschäftigen. Apps könnten heute das sein, was früher einmal Bücher und Tageszeitungen waren. Man hat quasi den Reiseführer in der Jackentasche, und zwar am Smartphone. Genauso einen Museumsführer oder das Booklet einer CD, mit dem Unterschied, dass diese nun multimedial und vor allem interaktiv sind, d. h. eigene Ideen können mit den vorhandenen Informationen verknüpft werden.

_IGP3946 (Medium)Immer wieder ist die Rede von Apps. Worin liegt der große Unterschied zur klassischen Website?

Die Zeiten, in denen die Menschen stundelang zu Hause vor ihrem PC gesessen sind, um zu surfen, sind vorbei. Heute findet die digitale Welt unterwegs am Smartphone statt. Klassische Webseiten sind für den Heimcomputer gemacht. Meist verfügen sie über viel zu viel Information für ein mobiles Gerät und sind auf diese nicht zugeschnitten. Aus diesen Gründen haben sie an Bedeutung stark eingebüßt. Apps hingegen werden extra für das Smartphone entwickelt, sind einfach zu bedienen und haben einen weit interaktiveren Charakter. Einer der größten Vorteile ist, dass Apps auch ohne Internet funktionieren können. Sie sind unabhängiger in ihrer Bedienung. Ein Beispiel: Wer nimmt heute noch unzählige Reiseführer mit, wenn er in ein fremdes Land fährt? So gut die Bücher auch sein mögen, wenn man unterwegs ist, hat man sie nicht zur Hand. Ein Reiseführer in Form einer App ist etwas ganz anderes, denn sein Smartphone hat man immer dabei. Und auch ohne Empfang sind die Apps einsatzfähig. Zusätzlich lösen sie noch alle wichtigen Aufgaben wie die Navigation in einer fremden Stadt, die Hotel- oder Restaurantsuche oder das Bestellen eines Taxis im Handumdrehen.

Welche Inhalte sind für Apps besonders prädestiniert?

Ich denke, dass gerade Kunst- und Kultureinrichtungen ein großes Potenzial über die Kommunikation mit Apps abrufen könnten. Nehmen wir nur einmal klassische Museen her. Zum Beispiel die Albertina in Wien. Wer auf die Homepage des Museums geht, sieht Öffnungszeiten und erfährt, welche Ausstellungen aktuell laufen, aber das war es dann schon. Dazu kommt, dass die Technologie der meisten Webseiten relativ primitiv ist. Das beginnt schon damit, dass du als Besucher des Museums vor Ort gar keinen Handyempfang hast und gar nicht auf die Homepage zugreifen könntest, um dich über ein spezielles Bild zu informieren.

Bleiben wir beim Thema Museum. Was kann eine Museums-App von Aionav?

Für Museen, aber auch für viele andere klassischen Kunst- und Kultureinrichtungen ist es oft nicht einfach, junges Publikum zu erreichen. Da helfen auch die schönsten Folder und Kataloge nichts. Sobald aber das Museum als App am Smartphone des Jugendlichen landet, gibt es ganz andere Möglichkeiten. Der junge Kunstinteressierte erhält unkompliziert Informationen über die App, besitzt die Möglichkeit, auch virtuell in die Ausstellung zu blicken, ob ihn etwas interessiert. Und wenn er die Einrichtung dann besucht, bietet die App eine modernere Version des Audio-Guides. Mit einer App bleibt man mit seiner Zielgruppe in steter, interaktiver Verbindung. Und zwar auf einer emotionalen Ebene.

Die Pioniere in Graz: die Schell Collection
Die Pioniere in Graz: die Schell Collection

Wo sind Apps im Kunst- und Kulturbereich noch hilfreich?

Neben Museen sehe ich auch für private Galerien oder Kunstvereine ein großes Potenzial. Der Galerist kann seinen Kunden und Freunden mit Hilfe einer App unkompliziert mitteilen, welche Bilder neu in die Galerie gekommen sind. Eine App ist aber auch für Einzelkünstler eine gute Möglichkeit, um mit Kunden in Kontakt zu bleiben und der Welt quasi übers Smartphone einen Blick ins Atelier zu gewähren. Auch für Musikgruppen ist es maßgeschneidert. Fans erhalten Infos zu Konzerten, zu neuen Songs oder über spannende Hintergrundgeschichten. Die Steirische Band Aniada a Noar hat bereits eine App von uns.

Dann stellt sich natürlich die Frage: Wieso hat nicht schon jeder längst eine eigene App?

Das ist einfach zu beantworten. Nur einige Auserwählte, wenn man so will, waren bis jetzt in der Lage, Anwendungen für Smartphones zu programmieren. Dementsprechend teuer war es auch, sich seine App machen zu lassen. Mit unserer Technologie haben wir es uns zum Ziel gesetzt, jedem die Möglichkeit zu geben, sich seine eigene App nach seinen Vorstellungen zu verwirklichen. Unser Unternehmen ist noch jung, hat aber schon viel Erfahrung mit Museen, Botanischen Gärten und Kultureinrichtungen sammeln können. Seit einigen Monaten bieten wir unsere Technologie nun auch übers Internet an, d. h. der Kunde braucht sich nicht mit der Installation von Programmen auf seinen Rechnern zu belasten.

Welches Know-how braucht es für die Erstellung einer Aionav-App?

Im Grunde kann das jedes Kind – es ist einfach. Man braucht dazu auch keine Programmiersprache, sondern bedient sich einfachstem Copy and Paste. Es braucht gerade einmal eine Stunde, bis man sich so gut auskennt, um loszulegen zu können, und weiß, was alles möglich ist. Eine gute Voraussetzung sind natürlich gestalterische Fähigkeiten, können die Aionav-Apps doch ganz individuell designt werden.

Wie funktioniert’s?

Grundsätzlich sind es drei Schritte. Egal ob man eine Einzelperson ist, eine Firma oder eine Organisation. Ob für ein Museum, eine Freizeiteinrichtung oder einen Tourismusverband. Mit Aionav entwirft man sein individuelles Layout und bespielt dieses dann unkompliziert mit Hilfe einer Eingabemaske mit dem gewünschten Inhalt. Dabei werden Texte, Bilder, Videos, Audio-Dateien, Karten, Dokumente und vieles mehr in die App per Drag and Drop gezogen. Damit man sich sicher sein kann, dass alles funktioniert, besteht die Möglichkeit, die App in Ruhe offline zu testen.

Welche Möglichkeiten gibt es, „seine“ App dann unter die Leute zu bringen?

Wer seinen Inhalt generiert hat, kann ihn mit dem Aionav App-Player unter Android und iOS sofort auf seinem Smartphone als fertige App nutzen. Oder sie beauftragen uns, Ihre App im Apple-Store oder in Google-Play verfügbar zu machen – in diesem Fall werden Player und Inhalt quasi zusammengesetzt und erscheinen dann als eigenständige Apps in den Stores.

www.appyourpassion.com