War der Liedermacher mit dem Wiener-Milieu-Spruch vergangenes Jahr noch das „Next-Big-Thing“, ging sein Stern mit dem Debütalbum vollends auf. Er spielte mit Wanda. Er spielte mit den Libertines. Und gestern spielte er vor großem Publikum ein Gratis-Open-Air im Grazer Volksgarten. Wir baten den Strizzi-Barden zum Interview.
Text: Wolfgang Pauker
Deine Texte sind vollgepackt mit dem Charme eines Strizzi-Poeten. Schon mal straffällig geworden?
Naja sagen wir so: Anzeige habe ich keine! Sie wurden immer zurückgezogen. Von da her ist die Weste weiß. Natürlich macht man irgendwann einmal einen Blödsinn, aber es ist immer gut gegangen bis jetzt.
Wie viel Platz ist zwischen der Kunstfigur Voodoo Jürgens und dem Mann dahinter, David Öllerer?
Es ist natürlich schon so, dass viel von mir in die Figur Voodoo Jürgens einfließt. Man hätte auch eine komplette Kunstfigur machen können, aber ich wollte das nicht gänzlich trennen, weil ich mich so, wie es jetzt ist, einfach am wohlsten fühle. Es kostet Überwindung, mein Innerstes so nach außen zu tragen, aber es ist andererseits auch nicht fix, dass das alles immer so bleiben muss. Momentan ist das Verhältnis zur Kunstfigur ganz gut ausgeglichen. Nicht alles, was ich besinge, ist mir in meinem Leben so passiert. Diese Balance, dass sich die Grenzen auflösen, war von Anfang an die Idee dahinter.
Am Beginn der Karriere stand aber Indie-Rock. Englisch gesungen. Die Welle des österreichischen Dialekts, insbesondere des Wiener Dialekts, spülte auch Voodoo Jürgens nach oben. Berechnung, in Mundart zu singen, oder zur richtigen Zeit am richtigen Ort?
Wie es so oft ist, ergibt sich so etwas ganz einfach. Es war aber auch eine Idee, die ich immer schon hatte, denn Mundart hat mich schon früh interessiert und so gesehen war es Glück, dass es funktioniert hat und die Menschen Dialektmusik so sehr interessiert hat, als ich damit anfing. Es nur aus Berechnung heraus zu tun fände ich grauslich. Dann in zwei Jahren zum Beispiel Schlager zu machen, nur weil es gerade „in“ ist, käme mir nicht in den Sinn. Sowas würde auch nicht funktionieren, denn die Leute spüren sehr wohl, ob man etwas macht, weil es aus einem herauskommt oder ob man auf einen Trend aufspringt.
Musstest Du Dir Dein Vokabular, diesen Dialekt mühsam aneignen?
Ich komme ja ursprünglich aus Tulln, was aber nur etwa 20 Kilometer von Wien entfernt liegt, und meine Eltern hatten immer schon viele Wiener Freunde und so war dieser Spruch schon auch der, der bei uns zu Hause gesprochen wurde.
Vor allem Deutschland scheint ganz vernarrt zu sein in den Wiener Schmäh…
Das kommt ganz darauf an, wo man spielt. In Bayern funktioniert das natürlich sehr gut. Die haben auch ein gewisses Verständnis für den Dialekt. Auch in der Schweiz. Da merke ich, dass die Texte auch wirklich wahrgenommen werden, auch wenn vielleicht einzelne Wörter unverständlich bleiben. Je weiter in den Norden man kommt, desto weniger wird der Text wahrgenommen. Man kann das aber trotzdem irgendwie spüren, dass das Publikum den Wiener Dialekt gerne anhört. Wenn auf einen Gag etwas Trauriges folgt, sich der Zustand im Publikum aber nicht verändert, dann kam etwas nicht ganz so gut rüber. Was aber auch kein Problem ist. Ich komm da immer mit der Eros Ramazzotti Keule: Den versteht auch kein Mensch und alle hören ihn sich an. So verhält es sich teilweise auch mit dem Wiener Dialekt.
Wie weit kann man mit dieser „Beisl-Folk-Musik“ kommen? Hättest Du auch gerne, wie Bob Dylan, den Literaturnobelpreis?
Es ist gar nicht mein Anstreben, dass diese Sache immer Größer wird. Sie ist jetzt ja schon viel größer als ich glaubte, dass sie jemals werden könnte. Literaturnobelpreis brauch ich jetzt keinen. Bob Dylan hat ihn ja auch nicht abgeholt, so gesehen würde ich ihn dann vielleicht auch nicht abholen. Auszeichnungen sind mir generell nicht wichtig. Um was es geht, ist, dass es den Leuten gefällt. Aber es muss nicht jedem gefallen. Erfolg ist für mich, wenn vor der Bühne Leute stehen, die wirklich verstehen, worum es mir geht. Wenn da ein Haufen Menschen stehen würde, die eigentlich ganz was anderes wollen und mir gar nicht zuhören, dann würde ich das auch nicht als Erfolg verbuchen und darüber glücklich sein.
Der Erfolg ist nun aber einmal da. Wieviel Sex, Drugs & Rock n´ Roll steckt in dem Hype, der sich einstellte?
Es stellen sich viele lustiger vor, als es mit wachsendem Erfolg wird. Es wird schon auch immer mehr „Hackn“. Live spielen und im Studio sitzen sind die angenehmsten Dinge, aber es kommen dann plötzlich so viele Dinge hinzu, die mit der eigentlichen künstlerischen Tätigkeit wenig zu tun haben. Was auch sehr kraftraubend ist. Sex, Drugs & Rock n´ Roll kann jeder halten wie er will, aber ich glaube aus meinen Geschichten hört man heraus, dass ich nie ein Kostverächter gewesen bin. Im Großen und Ganzen sollte man sich über sowas aber auch bedeckt halten.
Leistest Du Dir mittlerweile irgendwelche Backstage-Extravaganzen? Irgendetwas in Mariah Carey Liga?
Ja, Gluten freie Brötchen! Ich bin ja nun mit Band unterwegs, und meine Leute haben nun einmal teils eine Gluten Unverträglichkeit, oder mögen Smoothies oder irgendetwas. Und da man nun einmal danach gefragt wird, was man Backstage haben möchte, geben wir das auch an. Aber ich denke nicht, dass wir irgendetwas auf der Liste haben, was out of order wäre. Ich lass mir immer zwei Packerl Tschick raufschreiben, und dann wird es immer spannend, ob die dabei sind oder nicht. Manche Veranstalter finden halt, dass gehört nicht unterstützt und manchmal liegen dann zwei Packerl Ernte am Tisch und ich freu mich. Das ist immer ein bisschen wie mit einem Osternesterl.
Fühlst Du den Druck, diesen Erfolg aufrechterhalten zu müssen? Angst, die Kreativität zu verlieren?
Ja, diese Angst gibt es sicher. Damit fühlt sich, denke ich, aber auch jeder konfrontiert, weil sich das alles irgendwie immer mehr zuspitzt. Die Zeit, die man früher hatte für die Produktion einer Platte, wird nun einmal immer weniger. Man ist viel unterwegs, spielt ständig und es stellt sich eher die Frage, wo nimmt man sich dann die Zeit heraus für etwas Neues. Und funktioniert man dann genau in dem Moment, wo man sich die Zeit nimmt, um neue Sachen zu schreiben. Es wird automatisch „a g`hudeltere Gschicht“ als beim ersten Mal. Manche können damit gut umgehen, manche weniger. Ich beispielsweise mache momentan auch viele andere Dinge. Schreibe Theaterstücke für das Rabenhoftheater. Arbeite mit Stefanie Sargnagel. Schreibe Nummern für den Beschwerdechor. Ab September möchte ich dann an der neuen Platte arbeiten.
Das Gastspiel im Volksgarten fand auf Einladung der SPÖ Graz statt. Bist Du ein politischer Mensch?
Ja, bin ich absolut. Aber ich muss es in meiner Kunst nicht hochhalten. Das ist mir nicht wichtig. Eher ist mir wichtig, Situationen relativ neutral zu beschreiben, sodass man sich selbst ein Urteil darüber machen kann. Ich muss aber auch dazu sagen, dass mir nicht wirklich bewusst war, dass dieses Gratis-Open-Air auf Initiative einer Partei veranstaltet wurde. Aber es ist eine Partei, bei der ich vertreten kann, dass ich das mache.