Mit der Ausstellung „Als ich den Finger aus dem gefiederten Po zog, hat es wahnsinnig angenehm nach frischem Lehm gerochen.“ des Steirers Heribert Friedl zeigt man aktuell im Künstlerhaus. Halle für Kunst & Medien einen Künstler, dessen Praxis sich auf eine radikale Form von Kunst konzentriert: dem imaginären Bild.
Betritt man die Ausstellung des 1969 in Feldbach geborenen Künstlers (lebt in Wien), gibt es erstmla relativ wenig zu sehen. Und das hat Friedl auch bewusst so inszeniert. Denn den visuellen Reiz, der gemeinhin bei der Betrachtung von Kunst entscheidend ist, hält der gelernte Bildhauer für überstrapaziert. Zu lange, zu intensiv, zu aufgeladen sei die meiste Kunst schon von vornherein auf ein zündendes Seherlebnis angelegt. Doch für Friedl spielen olfaktorische Elemente oder der Gehörsinn eine ebenso entscheidende Rolle im Konsum von Kunst.
Maßgeschneidert für den jeweiligen Ort
Friedls künstlerische Praxis basiert auf gründlichen Recherchen zur Geschichte und den Besonderheiten des jeweiligen Ausstellungsorts. So hat er für das Künstlerhaus eine Soundinstallation entwickelt, die dessen Lage inmitten des Grazer Stadtparks als Ausgangspunkt nimmt. Denn von hier schwärmen mit dem Anbruch des Frühlings die heimischen Vögel aus und machen bereits ab dem Morgengrauen mit ihren individuellen Gesängen auf sich aufmerksam. Basierend auf dieser Ausgangsposition hat Friedl auf handgefertigten Instrumenten eingespielte Kompositionen kreiert, die sich subtil in das Vogelkonzert einfügen und sich als klangliche Ergänzungen erweisen und zuweilen auch für Überraschungsmomente sorgen. Der Genuss dieser Vermischung von Kunst und Natur erfordert ein wenig Konzentration und das Wissen darum, dass sich die Lautsprecher für die Installation auf der Rückseite des Künstlerhauses befinden. Ein Plakat mit den verwendeten Instrumenten führt den Besucher zu dem Ort, an dem die Vogelstimmen erklingen. Für Laien sind die instrumentell erzeugten Klänge kaum von natürlichem Vogelgesang zu unterscheiden. Da ein Vogelkonzert aber einer präzisen Taktung nach der (Vogel-)Uhr folgt, unterlaufen Friedls Kompositionen die natürliche Abfolge.
nonvisualobjects
Für die Resultate seiner nicht-materiellen, künstlerischen Praxis benutzt Heribert Friedl seit 1996 den Begriff „nonvisualobjects“. Unter dem Namen „nvo | nonvisualobjects“ bertreibt er gemeinsam mit dem Künstler Raphael Moser seit 2005 auch ein Label, welches für Interpretationen im Bereich des musikalischen Minimalismus steht. Bekanntheit erlangte Friedl aber insbesondere durch seine Duftarbeiten, die auf der wissenschaftlichen Erkenntnis basieren, dass wir visuelle Erlebnisse besser in Erinnerung behalten, wenn wir sie mit bestimmten Gerüchen verbinden. In der neuen, eigens für den Treppenaufgang im Inneren des Künstlerhauses geschaffenen Arbeit bringt Friedl geschichtliches Ereignis und Geruchserlebnis zusammen. Und auch bei dieser Arbeit muss man etwas genauer hinsehen, um zu erkennen, was die Nase schon vorab bemerkt hat. Entlang des Treppenhauses hat der Künstler mit Duftstoffen die Zahl 1952 aufgetragen, die das Eröffnungsjahr des Künstlerhauses angibt. Die Aromen der einzelnen Ziffern werden assoziativ bzw. spekulativ eingesetzt und stehen somit in einer Verbindung mit dem Ausstellungshaus. Und da die volle Entfaltung der Duftnoten erst durch Reiben der behandelten Flächen hervorgerufen wird, wird in dieser Arbeit das olfaktorische Erlebnis – mit institutionskritischem Zwinkern – durch eine taktile Erfahrung ergänzt.
Als ich den Finger aus dem gefiederten Po zog, hat es wahnsinnig angenehm nach frischem Lehm gerochen.
Da Friedl neben seinem eigenwilligen Begriff von Skulptur auch Wortkünstler ist, spannt der Titel der Ausstellung einen Bogen und bringt die Soundinstallation mit den Vogelstimmen im Außenraum und die Duftarbeit im Inneren des Künstlerhauses zusammen. Beide vereint, dass sie Bilder aus der Vorstellung hervorrufen.
Zu sehen bis 11. Juni im Künstlerhaus. Halle für Kunst & Medien. Burgring 2, 8010 Graz