Kennen Sie das Gefühl, wenn eine Person den Raum betritt und ihn in Beschlag nimmt. Mit der Art sich selbstbewusst zu bewegen, mit jedem Wort, das wie ein perfekt gezielter Schuss sein Ziel erreicht. Mit einer Präsenz, welche die anderen in den Schatten stellt.
Text: Natalie Resch
Edmond Rostands Klassiker
Nicht vom ersten Date ist hier die Rede, sondern von einem dieser besonderen Theaterabenden, die einem im Gedächtnis bleiben. Von einem lauen Sommerabend auf der Kasemattenbühne hoch oben am Grazer Schloßberg, an dem mich die schauspielerische Leistung von Andri Schenardi in den Bann gezogen hat. Und mich Edmond Rostands Klassiker über unerwiderte Liebe in der Regie von Markus Bothe aufs Neue berührt hat. Dabei ist die Geschichte wohlbekannt: Der kluge Poet Cyrano fühlt sich aufgrund seiner auffallend großen Nase nicht in der Lage Roxane seine Liebe zu gestehen. Stattdessen leiht er dem jungen Christian de Neuvillette, der ebenso in die Schöne verliebt ist, seine Stimme. Der Reigen um Wahrheit, innere Schönheit und leere Worte zu Zeiten des Krieges beginnt sich tragisch zu drehen.
Schauspielerische Bravourstücke
Als Cyrano de Bergerac trug Schenardi die tragische Liebesgeschichte leidenschaftlich, leichtfüßig und kurzweilig vor. Dabei saßen seine gestochen scharfen Worte ebenso wie die Degen-Stiche in die Herzen seiner Gegner, wie die des Grafen Guiche. Gespielt von Pascal Goffin. Dieser war hinsichtlich der schauspielerischen Überzeugungsarbeit ein würdiger Gegner. Frischen Wind und wunderbar besetzt, war auch Christian de Neuvillette mit Benedikt Greiner. Mit der notwendigen frechen Art mimt er den jungen Kadetten. Neben den starken Auftritten der männlichen Figuren tritt die Protagonistin Roxane ein wenig in den Hintergrund. Auch die Verortung der Geschichte ist eher nebensächlich. Formvollendete Sprache aus dem 19. Jahrhundert trifft auf Puntigamer Bierdosen und zeitaktuellem Sprachkolorit. Es sind die Fragen nach innerer Schönheit, dem Bewahren vom äußeren Schein und dem Mut zur Wahrheit, die zeitlos in den Raum geworfen werden und die Zuschauer berühren.
Kluge Reduktion
Aufs wesentliche reduziert (Bühne) und den Fokus auf das Spiel und die Texte, so gelingt es dem Regisseur das Publikum über fast zwei Stunden hinweg gut zu unterhalten und einen Spannungsbogen aufzubauen. Der langanhaltende Applaus und die Standing Ovation am Ende der Vorstellung waren Zeichen der Anerkennung. Eine, die sicherlich auch Renata Jocic, der Kampfchoreografin und Kathrin Frosch gebührte. Letztere ist es mit dem einfachen wie ungewöhnlich stegartigen Aufbau der Bühne in der Mitte des Publikums und der raffinierten Interpretation des Höhepunkts inmitten eines Kriegsschauplatzes gelungen, eine knisternde Nähe zur Geschichte herzustellen.
Letzte Vorstellungen:
4./5./6. Juli 2017, 20 bis 22 Uhr, Grazer Kasemattenbühne
Weitere Infos:
http://www.schauspielhaus-graz.com/play-detail/cyrano-de-bergerac