Spannende Nachrichten aus der steirischen Theaterlandschaft: Unter dem Namen „newsOFFstyria“ laden fünf Produktionen zur Premierenwoche der freien Theater nach Graz ein. Das Uraufführungsfestival feiert heuer selbst seine Premiere.
Text: Julia Braunecker
Vom 12. bis zum 16. September holt das Nachfolgefestival von „bestOFFstyria“ junge Talente vor den Vorhang, die mit begrenzten Mitteln großes Theater machen. Die kreativen Köpfe verarbeiten in ihren Stücken aktuelle Themen und inszenieren diese an ungewöhnlichen Spielstätten. „Das Festival spiegelt die heimische freie Szene wider und beweist deren Kreativität und Vielfalt,“ erzählt Peter Fasshuber, künstlerischer Leiter von Theaterland Steiermark und Veranstalter. „Es stellt nicht nur die Sichtbarkeit der freien Szene her, sondern diskutiert auch für die darstellende Kunst relevante Themen und sorgt so für eine bessere nationale und internationale Vernetzung und viel Interesse am Hot-Spot Graz“, ergänzt Barbara Stüwe-Essl, stellvertretende Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft Freie Theaterarbeit, in der Jubiläumsausgabe des Anderen Theaters. Die Premierenwoche möchte Sprungbrett für neue bzw. noch unbekannte Projekte sein. Bei den Uraufführungen werden internationale und nationale Beobachter präsent sein. In Zukunft wird dieses Festival alle zwei Jahre stattfinden.
Fünf spannende Premieren
Im Vorjahr bewarben sich 38 Projekte für eine Teilnahme. Daraus wählte eine dreiköpfige Jury, bestehend aus Felicitas Kleine, Christoph Rech und Peter Fasshuber die fünf besten Stücke aus. Diese werden jeweils zur Primetime um 20 Uhr an unterschiedlichen Spielstätten in Graz gespielt. Am 14. September findet zudem am Südtiroler Platz eine Dialogveranstaltung mit „Das Andere Theater“ statt. Die Veranstaltung „Wem gehört der öffentliche Raum?“ stellt die Stadtpolitik infrage und sucht nach neuen Wegen zur Gestaltung öffentlicher Plätze. Sie regt zum gemeinsamen Diskurs mit Stadtbewohnern, Medienvertretern und Performanceschaffenden an.
Planetenparty Prinzip: Magic Hour Time Machine: Ein Verwirrspiel
Das Planetenparty Prinzip ist ein junges Performance-Kollektiv aus Graz, dessen Mitglieder sich bei verschiedenen Projekten im TaO! kennenlernten. Die Gruppe geht an ihre Stücke mit intensiven Recherchen heran und hat sich auf die Übersetzung von Spielprinzipien in interaktive Performances spezialisiert. Ausgangsidee für das Projekt Magic Hour Time Machine war, den Prozess des Erinnerns und dessen Stellenwert und Funktionsweise in der Gesellschaft zu hinterfragen. Wie funktioniert unser individuelles und kollektives Gedächtnis? Woran erinnern wir uns und was verdrängen wir? Medien, Politiker und Wissenschaftler schreiben Geschichte für die nächste Generation. Doch wer bestimmt den Inhalt und stimmt dieser dann mit der Vergangenheit noch überein? Die reine Wahrheit kann man nur wissen, wenn man dabei war. So wird die Suche nach der richtigen Erinnerung zum Verwirrspiel für alle Beteiligten.
Termine: Do., 14. September 2017, 20 und Fr., 15. September 2017, 20 Uhr
Spielstätte: ehem. Landesdruckerei, Sauraugasse 4, 8010 Graz
Gruppe Dagmar: Letzte Weihnachten. Ein Totentanz
Bei der Gruppe Dagmar handelt es sich um ein loses Theaterkollektiv, das aus einer Gruppe theaterbegeisterter junger Frauen entstand. Mit der Familientragikomödie will man in Anlehnung an klassische Sommertheaterstücke ein Wintertheaterstück zeigen. In der Hoffnung auf einen friedlichen Abend lädt eine Mutter zur Weihnachtsfeier ins Berghotel. Doch der neue Freund der Tochter sowie unbeliebte Familienmitglieder lassen ihren Traum zerplatzen. In diesem Stück werden das Weihnachtsfest und westliche Klischees auf die Probe gestellt. In den einzelnen Figuren spiegeln sich verschiedenste Aspekte von Religionen, Ansichten und Ängsten wider. „Man versucht in alle Richtungen tolerant zu sein, begegnet aber immer wieder den eigenen Vorurteilen und Verhaltensmustern“, erzählt Regisseurin Eva Maria Hofer. Einerseits würden Themen wie Religion und Moral tabuisiert, gleichzeitig treibe die Neugier nach dem Anderem die Figuren dazu, Grenzen zu überschreiten. „Die Familiensituation dient als Landkarte, auf der wir die Höhen und Tiefen der westlichen Mentalität suchen und finden.“ Das Stück gehe der Frage auf den Grund, ob die westlichen Werte wirklich die einzige Möglichkeit seien, die Gesellschaft zu interpretieren. „Es geht nicht nur darum, Klischees zu verhandeln, sondern in ihnen zu baden.“ Mit Juliette Eröd und Johann Wolfgang Lampl.
Termin: Di., 12. September 2017, 20 Uhr
Spielstätte: Landgasthaus Roseggerhof, Roseggerweg 154, 8044 Graz
zweite liga für kunst und kultur: Die Alex-Identität
Die „zweite liga für kunst und kultur“ ist ein österreichisches Theater- und Performancekollektiv, das seit 2007 von Graz aus an seinen Projekten arbeitet. Die fünfköpfige Gruppe rund um den Erfolgsautor und jungen Dramatiker Johannes Schrettle ist für ihr hohes Text- und Reflexionsniveau und ihre gleichermaßen unterhaltsamen Inszenierungen bekannt. In der aktuellen Performance bereitet sich die „zweite liga für kunst und kultur“ auf den Ernstfall vor und thematisiert bürgerliche Ängste sowie faschistische Bewegungen. Ausgangspunkt ist der Theaterraum. Was tun, wenn die Bühne von einer Gruppe mit rechtem Gedankengut gestürmt wird? „Wir werden an diesem Theaterabend die Spaltung der Gesellschaft in absurden Spielen betreiben und dann wieder auflösen“, erklärt das Kollektiv auf seiner Homepage.
Termin: Mi., 13. September 2017, 20 Uhr
Spielstätte: Karl-Franzens-Universität Graz, Hörsaal C, Universitätsplatz 6
Eléctrico 28: Full House
Die freie Theatermacherin und Schauspielerin Alina Stockinger wurde 1985 in Graz geboren und lebt sowohl in ihrer Heimatstadt als auch in Barcelona. Parallel zu ihrem Anglistik-Studium machte sie Ausbildungen im Tanz, in der Clownerie, im Schauspiel sowie in der Straßenkunst. Derzeit ist sie unter anderem Teil des spanisch-österreichischen Theaterkollektivs Eléctrico 28. Die Gruppe präsentiert eine moderne Fabel über das Zusammenleben in der Stadt. Zu den tierischen Protagonisten zählen unter anderem Fräulein Koala und Herr Tiger. Jedes Tier lebt mit sich selbst beschäftigt vor sich hin und bringt mit den eigenen Marotten das Toleranzfass der Nachbarschaft zum Überlaufen.
Termine: Fr., 15. September 2017, 17 Uhr
Spielstätte: Innenhof, Griesplatz 20
Sa., 16. September 2017, 17 Uhr
Spielstätte: Innenhof, Annenstraße 61, 8020 Graz
Christina Maria Lederhaas / Veza Maria Fernandez: Pressures of the heart
Christina Maria Lederhaas wurde 1978 geboren. Nach ihrem Schauspielstudium in Graz setzte sie ihre Ausbildung in London fort. Sie lebt und arbeitet als freischaffende Performancekünstlerin in Graz und ist unter anderem im Kollektiv mit Veza Maria Fernandez Ramos tätig. Diese erhielt mit ihrem Solostück bereits 2014 den bestOFFstyria- Publikumspreis. In ihren gemeinsamen Arbeiten setzen die Künstlerinnen komplexe Gedankenprozesse choreografisch um. Das aktuelle Stück ist ein Versuch, sich durch lautes Schreien einen Raum zu erobern, um die Realität aus ihrer Starrheit zu befreien und um etwas zu bewegen. Worüber man nicht reden kann, muss man anschreien: „Wir schreien, weil wir schreien müssen. Weil die Welt hässlich ist.“
Termine: Sa., 16. September 2017, 20 Uhr, So., 17. September 2017, 20 Uhr
Spielstätte: Kristallwerk, Viktor-Franz-Straße 9, 8051 Graz
FestivalPASS: 40 Euro, ermäßigt 30 Euro
(gültig und übertragbar für alle Veranstaltungen)
EinzelKARTE: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro
Reservierung von Tickets: Hotline: Theaterland Steiermark 0664 8347406, info@theaterland.at