Günter Brus und Victor Hugo in einem Ausstellungsdialog über die Schattenseiten des Daseins.
Text: Natalie Resch
Die Elenden, Der Glöckner von Notre-Dame – die Romane des französischen Schriftstellers Victor Hugo sind einem Massenpublikum bekannt. Zeitlebens wurde er für sein literarisches Werk geschätzt und zählt neben Voltaire und Balzac zu Frankreichs wichtigsten Autoren. Doch bei der Begabung für das literarische Wort blieb es nicht. Seine Zeichnungen, die er als Nebenschauplatz und „Zeitvertreib zwischen zwei Strophen“ bezeichnet hat, hatten wesentlichen Einfluss auf die Avantgarden des 20. Jahrhunderts.
Victor Hugos Wiederentdeckung
Es waren die Künstler, die sein Werk wiederentdeckten und Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt machten. Seine Tätigkeit als erfolgreicher Schriftsteller befreite ihn von den Zwängen eines Künstlerdaseins, prägte eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber tradierten Normen der bildenden Kunst. Ein Blick auf sein Œuvre zeigt eine Vorliebe für Techniken, die dem Zufall und dem Eigenleben der Materialien Raum gewähren. Unter seinen Papieren fanden sich auch einige schwer zu definierende Blätter, deren nicht-figurativer Charakter die abstrakte Kunst des 20. Jahrhunderts vorwegzunehmen scheint.
Parallelen zwischen Brus und Hugo
Bis heute ist sein Werk für viele eine reiche Inspirationsquelle geblieben, und auch Günter Brus hat immer wieder bewusst und unbewusst auf ihn Bezug genommen. Die Parallelen von Brus und Hugo liegen in ihren originären Darstellungen – vom Märchenhaften bis zum Schrecklichen, vom Grotesken bis zum Traumhaften. Sie wurzeln in der Romantik, erstrecken sich bis in den Realismus und nehmen in Notizen und Zeichnungen an den Rändern von Hugos Manuskripten eine Verschränkung von bildender Kunst und Literatur vorweg, die Brus schließlich elaboriert und vervollkommnet.
Ausstellung „Nach der Dämmerung. Victor Hugo und Günter Brus“
Bis 14. Jänner 2018 in der Neuen Galerie Graz, BRUSEUM
Joanneumsviertel, Zugang Kalchberggasse, 8010 Graz