Start Kunst & Kultur Das TiK geht mit frischer Kraft in die Saison 2017/18

Das TiK geht mit frischer Kraft in die Saison 2017/18

Nach dem Gastspiel des mit dem Theater im Keller eng verbundenen Theater Quadrat mit „Der Tod in Venedig“ im September macht sich das TiK auf, die neue Spielzeit zu eröffnen.

Um zu betonen, wie wichtig dem TiK der jugendliche Nachwuchs ist, werden es die „Kellerkinder“ sein, die die Spielzeit 17/18 eröffnen. Die seit 2005 am TiK geführte Jugendgruppe runderneuert sich alle zwei Jahre und hat schon manches Talent auf die TiK-Hauptbühne gebracht – oder in einem Fall auch auf große deutsche Bühnen. Heuer beschäftigen sich die jungen Leute mit dem Thema „Jugend und Drogen“ und werden ihre Jahrespräsentation im November/Dezember 2017 wieder als selbstgestaltetes Stück auch unter dieses Motto stellen. Unter der kompetenten Leitung der erfahrenen Theaterpädagogin Eva Weutz, die auch die Texte der Truppe zu einem Stück zusammenfassen wird, darf man sich wieder einiges erwarten. Weitergeführt wird auch die integrative Arbeit der jungen Truppe, die mit (unbegleiteten) jungen Flüchtlingen zusammenarbeitet. Schon bei der letzten Präsentation (Subway 35) nahmen neben ItalienerInnen oder ÖsterreicherInnen auch AfrikanerInnen und ein junger Mann aus Afghanistan an der gemeinsamen Arbeit teil. Dass sprachliche oder sogenannte kulturelle Barrieren dabei kein Hindernis darstellen, ist der Jugendgruppe und ihrer Leitung hoch anzurechnen. Danach folgt Anfang Jänner 2018 die erste „große“ TiK-Eigenproduktion der neuen Saison. Das Phänomen der „Masse“ soll dabei untersucht werden, gerade bei einem im gefühlten Dauerwahlkampf liegenden Land, das sich nach autoritären Strukturen zu sehnen scheint, ein immer aktuelles Problem. Mit Ernst Tollers expressionistischem Drama Masse Mensch hat das TiK dabei eine Vorlage gewählt, die einerseits seine Linie der „Classics in the basement“ weiterführt, andererseits aber danach schreit, seine traurige Aktualität auch heute aus neuer, junger Sicht zu zeigen.

Jänner 2018: Masse Mensch

Das 1919 geschriebene Stück spielt ursprünglich in Deutschland 1918/19: Während die gehobenen Bürger meinen, dass Krieg letztlich zum Überleben des Staates unerlässlich sei, weswegen die Bankiers vor Freude Foxtrott in der Börse tanzen, wollen die Arbeiter dem Sterben in den Schützengräben ein Ende machen, indem sie die Maschinen in den Rüstungsfabriken stürmen. Eine Frau im Zentrum des Geschehens will neues Morden verhindern. Ihr Widerpart, der Namenlose (ein Symbol des Massenmenschen, ein Verehrer der einfachen Lösungen), setzt sich aber mit seinen Slogans durch. Die Vertreter des Friedensgedankens werden als Wachstumsfeinde hingerichtet.

Mit der jungen Dramaturgin Sophie Elisabeth Trogbacher befasst sich eine neue Kraft am TiK mit der Aktualisierung des Stoffes. Trogbacher bringt nicht nur frisches Blut ins dramaturgische Denkgeschäft des Theaters im Keller, sondern erweitert es auch um junge Sichtweisen, was ihr spannendes Basiskonzept für Masse Mensch beweist. Regie wird Alfred Haidacher führen und Sophie Elisabeth Trogbacher wird ihm assistieren.

Evald Flisars Aquarium 

Im März/April 2018 soll Alexander Kropsch Evald Flisars Aquarium auf die TiK-Bühne wuchten. Das Stück ist das zwölfte in der Reihe „Flisar complete“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den slowenischen Stardramatiker (er ist der meistübersetzte slowenische Literat der Gegenwart) und vielfachen Preisträger mit all seinen Theaterstücken komplett zu deutschsprachigen Erstaufführungen zu bringen. Um was geht es in Aquarium? Konrad ist ein Menschenfeind, ein pensionierter Chefredakteur und Herausgeber einer bedeutenden Zeitung, der seinen Lebensabend damit zubringen möchte, immer wieder – und vor allem ungestört – seinen Lieblingsfilm Casablanca anzusehen. Während sein Umfeld darum ringt, eine normale Familie zu sein, ortet Konrad das Problem darin, dass sein Umfeld eben genau das ist: eine normale Familie. Ein Spiel um Macht, verlorene Macht, vergebene Möglichkeiten und die zerstörerische Macht der Abschottung, die jede Möglichkeit zur Weiterentwicklung raubt, eine Komödie, teilweise tragisch, die doch einen Hoffnungsschimmer aufblitzen lässt: ein selbstbestimmtes Leben ist möglich, wenn man es wagt, gegen äußere Zwänge aufzustehen. Masse und Macht in der Nussschale.

Im Mai und Juni wird sich eine wiederum ganz neue „Kellerkinder“-Generation zu Wort melden, und im Sommer wird es das TiK wieder ins Freie treiben, wo man der leichteren Muse frönen wird. Pläne für die dann folgende Spielzeit existieren natürlich auch schon, gleich an drei Projekten wird derzeit gearbeitet: ein weiterer Flisar soll übersetzt und aufgeführt werden, der Grazer Autor Stefan Schmitzer setzt sich für das TiK mit Shakespeare auseinander und Sophie Reyer, die wunderbare lyrische Dramatikerin, soll zu einer Uraufführung kommen. Danach? Will sich das TiK mit Stücken und Stoffen auseinandersetzen, die generationsübergreifend Erwachsene, Jugendliche und Kinder gleichermaßen ansprechen können, sollen und wollen. Und dann? Dann wird das TiK 70 Jahre alt sein. Neu seit 1951!

www.tik-graz.at