Der Concertchor Graz-Maribor und die Pannonische Philharmonie krönen mit ihrem heurigen Konzertzyklus das Pfingstfest. „Achtzig“ sprach mit dem künstlerischen Leiter Alois J. Hochstrasser, der bei diesem Event bereits zum dritten Mal die musikalische Leitung übernimmt, über sein ambitioniertes Programm.
Text: Stefan Zavernik / Bettina Leitner
Das Programm des diesjährigen Festivals „Pfingst Klang“, das unter dem Motto „Begegnen – Bewegen – Visionen“ steht, bringt mehrere Höhepunkte. Diese reichen von nostalgischen Lesungen aus dem Werk Peter Roseggers bis zur hohen Klassik. Was waren die Leitgedanken für eine derartige Auswahl und welche Stellung nimmt der Heimatdichter Rosegger ein?
Das Jahr 2018 ist aus kultureller Sicht ein besonderes. Wir feiern heuer das 200. Geburtsjahr von Charles Gounod, das 190. Todesjahr von Franz Schubert sowie das 175. Geburtsjahr von Peter Rosegger. So liegt es nahe, das Programm im Sinne dieser herausragenden Künstler zu gestalten. Es war mir auch ein Anliegen, die einheimische Volkskultur, insbesondere die Volksmusik, mit in den Festivalzyklus aufzunehmen. Ganz nach dem Motto „Begegnen – Bewegen – Visionen“ trat der steirische Heimatkünstler Peter Rosegger mit vielen anderen Kunstschaffenden wie Johannes Brahms in Begegnung. Der Literat hat in Bezug auf die Musik mehrmals betont, dass er am Volkslied so sehr schätze, dass es ihn berühre. So möchte ich ihn kurz zitieren: „Das Volkslied, ganz einfach vorgetragen, kann mich rasch zu Tränen rühren. Die Musik lässt sich nach meiner Meinung nicht erklären, man muss sie bloß hören. Das Wenige, was mir aus den Schlüssellöchern entgegenklingelt, entzückt mich mehr als jede andere Kunst. Und was ist‘s? Die kindliche Form, das Volkslied.“ Demnach ergänzt die Lesung aus Roseggers Briefen, Geschichten und Essays von Frank Hoffmann das Programm vorzüglich. Im Rahmen des diesjährigen „Pfingst Klangs“ wird somit ein vielseitiges Kulturangebot mit Literatur und Musik im Wechselspiel geboten.
In Graz startet das Festival am 23. Mai mit einem großen Chor-Orchester-Konzert mit Werken von Brahms, Schubert und Gounod. Würden Sie uns die drei Werke kurz vorstellen?
Brahms hatte wie Rosegger eine enge Verbindung zum Volkslied und komponierte somit auch viele dieser Stücke. Sein sogenanntes Schicksalslied, das er nach seinem Deutschen Requiem vertont hat, ist auf dem Text von Friedrich Hölderlin ein ganz großartiges Stück, in dem das archaische Thema vom Konflikt zwischen Menschen und Göttern anklingt. Die Götter wandeln oben im Glück und die unerlösten Menschen werden auf der Erde von einer Klippe zur anderen geschleudert. Brahms missfiel der negative Ausgang und er generierte so für die vorgegebene Thematik ein friedliches Ende. Zu Schuberts Unvollendeter ist zu sagen, dass das Stück zwar 1822 komponiert, jedoch erst 45 Jahre später uraufgeführt wurde. Diese vermeintliche Tragödie war aber schlussendlich etwas Positives, denn zu ihrer Entstehungszeit hätte die Symphonie der Bewertung des damals kritischen Publikums womöglich nicht standgehalten, da sich Schubert mit seiner neuartigen und für den damaligen Geschmack ungewöhnlichen Symphonie merklich von Beethoven absetzte. Charles Gounods Messe solennelle gilt heute als eines seiner markantesten Werke. Die Messe ist bereits in vielen Bearbeitungen und in zahlreichen unterschiedlichen Instrumentationen zu uns gekommen, jedoch wollen wir nun etwas Besonderes bieten: Heuer brachte der Carus Verlag erstmals eine musikkritische Neuausgabe der Messe solennelle heraus und so freue ich mich, diese tiefreligiöse Komposition mit großer Instrumentation in ihrem wahren Urbild präsentieren zu dürfen.
Im Rahmen des Festivalprogrammes wird dann am 25. Mai im Stefaniensaal eine außergewöhnliche Rarität geboten: die „Carmina Burana“ in der Originalfassung. Würden Sie uns verraten, weshalb Carl Orffs Meisterwerk in dieser Form so selten aufgeführt wird?
Das liegt zumeist daran, dass diese ursprüngliche Version in Bezug auf die Instrumentation eine große Besetzung und ausgefallene Instrumente verlangt, wie etwa die Bassklarinette, das Englischhorn, Piccolos oder das Kontrafagott. Zudem benötigt die Urfassung ein sehr umfangreiches Percussions-Instrumentarium mit bis zu 30 Instrumenten. Ich habe dafür die Percussion Vienna engagiert, weil ich diese Instrumente in einer derartig hohen Zahl hier nicht erschwinglich organisieren kann. Deshalb ist das Werk in der Originalfassung auch so reizvoll. Dieser Klassiker bietet so viele Klangfarben und imponiert zudem durch leidenschaftliche Rhythmik, die auch die jungen Menschen heutzutage so begeistert.
Das interpannonische Festival, in dessen Rahmen Orffs Werk aufgeführt wird, wirbt mit Internationalität. Inwiefern spiegelt sich dies etwa in der Inszenierung der Carmina Burana wider?
Eine so spektakuläre Aufführung wie die Carmina Burana in der Originalfassung verlangt auch einen großen Erwachsenen- und Kinderchor. Wir pflegen diesbezüglich schon länger eine Chorpartnerschaft mit Maribor und haben für die kommende Aufführung den dortigen Kinderchor engagiert, der bereits in zahlreichen großen Opern mitgewirkt hat. Das fördert zudem auch die weitere Etablierung der ursprünglichen Vision bei der Gründung des musikalischen Convents: Die Überwindung der Grenzen zwischen Slowenien, Ungarn und Österreich, wie es in der Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im künstlerischen Kontext von mir initiiert wurde.
Sie arbeiten wie heuer auch beim „Pfingst Klang“ seit vielen Jahren mit einem Laienchor und einem Berufsorchester. Weshalb ist diese außergewöhnliche Kombination für Sie so attraktiv?
Es war mir bereits 1971 ein großer Wunsch, einen Laienchor in Graz zu gründen und zu formen, der die gleiche Funktion haben soll wie der Wiener Singverein. Denn für mich war es nicht zufriedenstellend, dass es in der zweitgrößten Stadt Österreichs kein vergleichbares Ensemble gab, das chorsymphonisch mit den Wienern mithalten konnte. Ich schätze sehr die gestalterischen Möglichkeiten, die sich durch den Laienchor ergeben. So kann man hier auch die Klangfarbe mehr berücksichtigen, auf deren Basis sich andere Interpretationen eröffnen können. Das ist zwar manchmal eine etwas mühsame Vorbereitung, aber zugleich auch eine reizvolle.
Der Konzertverein blickt unter Ihrer Leitung beinahe schon auf eine 30-jährige Geschichte zurück. Inwieweit gelang es Ihnen, Ihre Vision von der Etablierung einer Kulturachse umzusetzen?
Ich habe bereits vor der Wende und dem Fall der Berliner Mauer sehr viele Gastkonzerte in der DDR und in Ungarn gegeben und vor diesem Hintergrund zahlreiche ausgezeichnete Musikerinnen und Musiker kennen- und bewundern gelernt. Ganz nach dem Vorbild der Budapester Philharmoniker habe ich in Graz die Gesellschaft der Musikfreunde gegründet und auf der Basis dessen das Grazer Symphonische Orchester. Ich habe jedoch damals sehr darunter gelitten, dass Graz in der Kulturbranche eine Ghetto-Stellung innehatte, weshalb es oftmals zu künstlerischen Engpässen gekommen ist. Umso mehr war es mir ein Anliegen, verstärkt Kontakte nach Ungarn herzustellen, und so habe ich 1989 für die erste große gemeinsame Produktion mit Ungarn den Interpannonischen Konzertverein gegründet und die Pannonische Philharmonie, das Vereinsorchester. Für die erste gemeinsame Aufführung 1990 war dann kein Visum mehr nötig – der Eiserne Vorhang war gefallen. Das Konzert im Stefaniensaal am Palmsonntag war ausverkauft! Damit wurde der Grundstein für eine vielversprechende Weiterarbeit gelegt.
Veranstaltungen in Graz
Johannes Brahms: Schicksalslied, op. 54
Franz Schubert: Sinfonie Nr. 8 „Unvollendete“
Charles Gounod: Messe solennelle en l’honneur de Saint-Cécile
Herz-Jesu-Kirche Graz, Mittwoch, 23. Mai, 19 Uhr
Kartenverkauf: Zentralkartenbüro, Ticketzentrum Graz, www.oeticket.com und in allen Ö-Ticket-Vorverkaufsstellen, Preis: € 23–42
Georges Bizet: Carmen-Suite
Leonard Bernstein: Songs aus West Side Story
Carl Orff: Carmina Burana
Congress Graz – Stefaniensaal, Freitag, 25. Mai, 19 Uhr
Kartenverkauf: Zentralkartenbüro, Ticketzentrum Graz, www.oeticket.com und in allen Ö-Ticket-Vorverkaufsstellen, Preis: € 25–50
Weitere Veranstaltungen
Johannes Brahms: Schicksalslied, op. 54
Franz Schubert: Die Unvollendete, Sinfonie Nr. 8
Charles Gounod: Messe solennelle en l’honneur de Saint-Cécile
Kunsthaus Weiz, Dienstag, 22. Mai, 19 Uhr
Kartenverkauf: Zentralkartenbüro, Ticketzentrum Graz, www.oeticket.com und in allen Ö-Ticket-Vorverkaufsstellen, Preis: € 23–42, Infos: 03172 231 96 20
Peter-Rosegger-Abend mit Frank Hoffmann und Margrets Musi’
Kunsthalle Leoben, Donnerstag, 24. Mai, 19.30 Uhr
Kartenverkauf: Kunsthalle Leoben, Kirchgasse 6 sowie an der Abendkasse, Infos: 03842 406 24 08
Oto Vrhovnik und seine Saxophonisten: Bach bis Jazz
Schloss Kornberg, Sonntag, 27. Mai, 18 Uhr
Kartenverkauf: Raiffeisenbank Feldbach, Hauptplatz 18 und im Kulturbüro Feldbach, Kirchenplatz 2, Preis: € 25/29, Kontakt: 03152 22 02