Nach einer mehrjährigen Schaffensphase präsentiert der steirische Künstler Klaus Baumgartner in der Ausstellung „Gestalten“ seine einzigartige Bilderwelt mit Mischwesen aus Mensch- und Tierkörpern.
Text: Vanessa Roi
Der Künstler gewährt mit seinem Bilderzyklus Einblicke in seine verborgene Phantasiewelt, die von ihrer Lebendigkeit und intensiven Farbigkeit bestimmt wird. Als Inspirationsquelle dienten nicht nur die heimische Flora und Fauna, sondern auch die Harmonie der italienischen Renaissancekunst. Baumgartner hat damit eine langjährige Depression, die sich in früheren Arbeiten widergespiegelt hat, überwunden, sodass die Bilder nun Hoffnung und Leidenschaft ausstrahlen. Der Bildungs- und Kulturreferent des Steiermarkhofs, Johann Baumgartner, führt in diesem Zusammenhang folgendes Zitat von Augustinus an: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ Ihm zufolge brennt ein solches Feuer nun noch bis Anfang Juli im Steiermarkhof.
Größte Ausstellung des Jahres
Mit 133 gezeigten Werken schmückt die Ausstellung Gestalten sowohl die Wände der Hof- als auch der Hochgalerie. Während im Erdgeschoß vor allem Zeichnungen und großformatige Ölbilder zu sehen sind, finden sich im Obergeschoß auch Aquarelle, Acrylbilder auf Spiegelglas und Modelle aus lackiertem Polyurethan, sodass ein umfassender Eindruck vom Œuvre des Künstlers entsteht. Dessen Vielseitigkeit manifestiert sich in den unterschiedlichen Werkstoffen und Methoden, die verwendet wurden. Mit dem großformatigen 3D-Bildobjekt Krötenfrau in der Hochgalerie, bei dem es sich um einen dreiteiligen Schallabsorber mit einer Oberfläche aus Leinenstrick handelt, wird sogar eine Weltneuheit vorgestellt.
Spiel mit weiblichen Reizen
Besonders reizvoll ist für den Künstler die Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper, da dieser gegenüber dem eigenen, männlichen andersartig und zugleich zu einem gewissen Teil ident ist. Mithilfe von Masken und Bodypainting fand auch in der Realität eine Transformation seiner Modelle statt. Doch warum eigentlich Tier-Mensch-Gestalten? Für den Künstler stehen die Tiere an erster Stelle, weil sie evolutionär bereits vor dem Menschen existierten und deshalb geschützt statt ausgerottet gehören. Sein gesteigertes Interesse gilt bei der Auswahl der Tiere, die er mit menschlichen Körpern kombiniert, neben allerlei Kriechtieren, den Schlangen. Sie verkörpern für ihn gleichermaßen eine stoische Ruhe und eine explosionsartige Energieentladung. In seinen außergewöhnlichen Symbiosen spielt Baumgartner mit Größenverhältnissen oder verzerrt Proportionen, wobei er immer an anderer Stelle einen ausgleichenden Gegenakzent setzt, um letzten Endes wieder zu Harmonie zu gelangen. Trotz der nicht realen Bildgegenstände schafft er einen lebendigen Realismus.
Zeit nehmen und einlassen lohnt sich
Der Künstler möchte nicht jedes Detail seiner Werke erklären, denn seiner Meinung nach sollten sie individuell entdeckt werden. Dennoch existiert über ihn ein sehr ansprechender Dokumentarfilm mit dem Titel Die Wunderwelt des K.B. von Hans Selikovsky, der bei der Vernissage der Ausstellung seine Grazer Premiere feierte und viele aufschlussreiche Hintergrundinformationen und Gedankenkonzepte des Künstlers preisgibt. Baumgartners Bilder bieten einen breiten Raum für persönliche Interpretationen und gefallen vielleicht noch nicht beim ersten Betrachten. Mitunter können sie sogar verstörend wirken, denn das Dargestellte scheint fremdartig. Dazu der Kulturreferent Johann Baumgartner: „In der Kunst geht es nicht um das Gefallen, sondern um die Auseinandersetzung mit den Werken und daraus resultierend um ein emotionales Lernen. Das funktioniert am besten, wenn man sich etwas Zeit nimmt und sich darauf einlässt, in eine fremde Welt einzutauchen.“
Ausstellung „Gestalten“ von Klaus Baumgartner von 20.4.–5.7.2018 im Steiermarkhof, Ekkehard-Hauer-Straße 33, 8052 Graz