Bildungslandesrätin Ursula Lackner über Ihre Leseoffensive und warum man sich nur mit Lesekompetenz in unserer schnelllebigen Informationsgesellschaft durchsetzen kann.
Text: Wolfgang Pauker
Sie haben mit der breit angelegten Leseoffensive „Bücherhelden. Lesen mehr als Worte“ den Schwächen beim Lesen den Kampf angesagt. Trägt die noch junge Initiative bereits Früchte?
Die Initiative trägt bereits Früchte, und wir spüren – obwohl sie erst voriges Jahr das Licht der Welt erblickt hat – große Begeisterung. Ein Schlüssel für das positive Echo ist, dass wir verschiedene Faktoren erkannt haben, die wichtig sind, um das Lesen außerhalb der Schule attraktiv zu machen. Hier sind vor allem die ca. 200 öffentlichen Bibliotheken in der Steiermark unglaublich wichtige Orte, an denen die Bibliothekarinnen und Bibliothekaren ihr Herzblut geben, um die Welt der Bücher den Menschen in den Städten, den Gemeinde und Regionen näher zu bringen. Deshalb haben wir im Vorfeld der Leseoffensive das Budget aus meinem Ressort für den Ankauf von Beständen erhöht, regionale BibliotheksbegleiterInnen eingeführt und die Bibliotheken stärker vernetzt. Hinzu kam auch eine massive technische Aufrüstung, um auch digital zu entlehnen, und damit viele steirische Bibliotheken auf den Stand der Landesbibliothek, mit der wir ebenfalls kooperieren, zu heben. Die Begeisterung, die aus all diesen Einrichtungen zu spüren ist, ist beträchtlich.
Wieso liegt Ihnen dieses Thema so am Herzen?
Weil Lesen einer der wesentlichen Schlüssel ist, um ein gutes Leben führen zu können, um selbständig zu sein, um einen erfolgreichen Bildungs- und Berufsweg einschlagen zu können und auch um einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Denn wer nicht lesen kann, der kann in weiterer Folge auch nicht schreiben und rechnen und kann damit im kulturellen und bildungspolitischen Konnex nicht vollwertig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Und hier ist es ganz wichtig zu verstehen, dass Lesen nicht erst in der Schule beginnt. Lesen muss zu Hause stattfinden, muss Teil der Alltagsrealität in den Familien sein. Es liegt an uns, den Kindern die Welt zu eröffnen, die mit dem Lesen und der Literatur einhergeht. Denn die Prägungen, die in den ersten Lebensjahren passieren, sind unglaublich wichtig, und Defizite auf dem Feld der Lesekompetenz kann man im Laufe des Lebens kaum ausgleichen. Deshalb setze ich mit der Leseoffensive auf die 0- bis 10-jährigen Kinder und möchte ihren Bezugspersonen die Bedeutung des Lesens vor Augen führen.
Das beginnt mit „Buchstart Steiermark“ schon bei den Allerkleinsten …
Für diese Initiative habe ich stark die Partnerschaft mit den steirischen Gemeinden gesucht und sie unter der maßgeblichen finanziellen Beteiligung des Landes Steiermark eingeladen, in den Bibliotheken ein Angebot für Jungfamilien zu schaffen. Dieses beinhaltet eine „Buchstart-Tasche“ mit einem ersten Buch-Geschenk für Kinder ab 6 Monaten, Materialien zur Leseförderung und Infobroschüren des Landes Steiermark. Selbstverständlich kann die Tasche noch um Materialien aus der Gemeinde und der Bibliothek ergänzt werden und auch ein Gratis-Bibliotheksausweis ist erhältlich. Damit sollen das Lesen und insbesondere das Vorlesen von Anbeginn in den Mittelpunkt gerückt werden. Gemeinsam mit weiteren Initiativen wie dem Vorlesetag, den Lies-was-Wochen oder Projekten, in denen Kinder in Bibliotheken übernachten können, wollen wir helfen, lesen wieder spannend zu machen. Wenn es uns gelingt, die Eltern dazu zu gewinnen, das Handy ein Stück weit wegzulegen und den Kindern vorzuleben, dass Lesen ein Erlebnis ist, dann werden die Kinder das auch für sich selbst realisieren. Eltern können ihren Kindern damit zeigen, welche Schätze, welche Erkenntnisse und welch großartige Dinge über Bücher erfahren werden können.
Mit der Digibib wurde allen Altersschichten der Zugang zu Literatur erleichtert. Wie wird dieses Service angenommen?
Die digitale Bibliothek ist eine echte Erfolgsgeschichte. Das Know-how hierfür kommt von der Landesbibliothek, die sowohl Ressourcen als auch technisches Wissen zur Verfügung stellt. Durch diese Initiative konnten wir in kürzester Zeit über 70 steirische Bibliotheken – auch dank finanzieller Unterstützung aus meinem Ressort hinsichtlich Equipment – an dieses Wissen anbinden. Damit können die Bibliotheken das Angebot durch die digitale Ausleihmöglichkeit erweitern und auf Bestände zurückgreifen, die man vor Ort nicht hat. Damit vervielfachen sich die Möglichkeiten für die Menschen in der gesamten Steiermark, Bücher einfach herunterzuladen, und wir gewährleisten Modernität und erweitern die traditionellen Möglichkeiten einer Bibliothek. Das ist ganz klar ein Schritt in die Zukunft. Denn damit ist neben dem realen Besuch einer Bibliothek nun auch der virtuelle möglich, wobei der Zugang kinderleicht ist. Damit ist die Steiermark im Bibliothekswesen neu und nachhaltig aufgestellt.
Eben ging der 2. steirische Vorlesetag an 65 Orten über die Bühnen. Erstmals auch mit Partnern aus der Wirtschaft. Wird dieses Format weiter wachsen?
Es ist mir ein großes Anliegen, dass dieser Tag als Höhepunkt der Lies-was-Wochen, die immer vom internationalen Tag des Buches Mitte April bis zum internationalen Tag der Familie Mitte Mai stattfinden, weiter wächst und durch Partner aus der Wirtschaft noch sichtbarer wird. Denn eine gute Ausbildung funktioniert nur über gute Lesekompetenzen. Und nochmals: Lesen beginnt eben nicht erst in der Schule, sondern viel früher, nämlich in der Familie. Und das hat die Wirtschaft erkannt, weshalb sie diese Initiative auch im eigenen Interesse unterstützt. Weiters engagieren sich prominente Persönlichkeiten, die ihre Lieblingsbücher vorstellen und sich in den Dienst der Sache stellen. Die Liste der Unterstützer wird sich im nächsten Jahr hoffentlich erweitern.