Das Grazer werkraumtheater lädt im Oktober 2018 zum vierten Stück der erfolgreichen Übüs-Reihe ein. Nachdem die vorherigen Versuche der Übüs, sich in der Welt zurechtzufinden, dramatisch gescheitert sind, muss nun ein neuer Plan her …
Text: Bettina Leitner
Das mittlerweile vierteilige Königsdrama, frei ausgestaltet auf der Basis von Alfred Jarrys Ubu roi und Robert Wolfs Der Entropist, präsentiert sich als exklusive Ausformung des Grotesken und zeigt die existenziellen Versuche der einstigen Royals, wieder einen würdigen Platz im Leben zu erlangen. In jeder Episode werden die (Un-)Möglichkeiten unterschiedlicher Lebenskonzepte, die das Leben den Figuren abverlangt, auf die Probe gestellt. Der Ausgangspunkt dieser gelungenen Dramenreihe wurde 2015 mit dem ersten Stück Die Übüs im Rahmen des 20-jährigen Jubiläums des werkraumtheaters gelegt und nun im Herbst in „vierter Generation“ fortgesetzt.
Vom Herrscherhaus ins Irrenhaus
Vater Übü war einst König von anderswo und sowieso, doch das Schicksal spielte ihm übel mit und degradierte ihn samt Frau zu Behelfsadeligen. Ganz am Boden der Hierarchie gelandet, waren die beiden gezwungen, einen Ausweg aus der Misere zu finden. So versuchten sie sich, ausgestattet mit Klobürste und Putzkübel, wieder auf den Thron zu schummeln, was ihnen vorerst auch gelang. Doch das Glück währte nicht lang. Wieder wurde das Königspaar vom Thron gestürzt und musste sich auf die Flucht begeben. Völlig mittellos fanden sie sich in Europopolis wieder. Als „Ausländer“ hatten sie auch im sogenannten „Land der Freiheit“ nicht viel zu lachen. Migranten generieren Hass. Hass, den nun auch die ehemaligen Royals zu spüren bekamen. Um nicht gänzlich im System unterzugehen, begaben sie sich in selbstgewählte Knechtschaft und versuchten sich so unterschwellig wieder an die Spitze zu schleichen. Doch auch dieser Ansatz scheiterte − und somit das neue Lebenskonzept: Die beiden wurden abgeschoben. Völlig ausgebrannt landeten die Übüs schlussendlich im Irrenhaus. Zu Recht? Zumindest geht hier die Suche nach Sinn und Werten weiter.
„Die Übüs Mindrevolution“
Das kann nicht das Ende sein, behauptet Franz Blauensteiner, der nun den Text für die vierte Episode des Entwicklungsdramas lieferte und somit den Kampf der Übüs um ein menschenwürdiges Leben auf eine nächste Ebene hebt. Eines steht fest: „So wie bisher kann es nicht mehr weitergehen.“ Die Übüs sind noch immer in der Irrenanstalt, sollen jedoch bald entlassen werden, was den Freidenkern paradoxerweise zunehmend zusetzt. Ab nach Hause und Rückkehr in die Normalität? Sich widersetzen oder fügen? Bleiben oder gehen? Was nun? Der einzige Ausweg aus dem existenzialistischen Dilemma scheint eine geistige Revolution zu sein – eine Mindrevolution, ein Loblied auf die imaginäre Pataphysik. Die gescheiterten Egozentriker versuchen es nun auf spirituelle Weise – über Fantasie, „denn hier ist die Idee losgelöst von den Zwängen der Tat“. Sie hoffen, durch einen Perspektivenwechsel sich und die Welt zu verändern, zumal sie erkannt haben, dass der Geist die Wurzel allen Übels ist. Es folgen ein Beam-Experiment, Meditationen und auch ein Wechsel in andere Dimensionen wird versucht – eine futuristisch-groteske Reise ins Innen. Und dann? Am Ende ist – so viel sei verraten – jedenfalls noch lange nicht Schluss!
„Wohnzimmertheater“ setzt auf Minimalismus
Auch die vierte Evolutionsstufe der Übüs besticht durch minimalistische Bühnengestaltung mit fantastischer Wirkung. Die archetypischen Figuren provozieren zu Sozialkritik und Innenschau – mitunter auf groteske Weise, denn „das Publikum verträgt mehr, als man glaubt“, so Blauensteiner. Das Stück gestaltet sich als kurzweilige Collage mehrerer Textformate mit zentralen Verklammerungen, wobei am jeweils bitteren Ende jedoch immer ein kreativ-hoffnungsvoller Neubeginn steht: unterhaltsam und sehenswert!
Termine: Sa., 20.10.; Sa., 27.10.; Sa., 10.11.; Sa., 17.11.2018 jeweils 19 Uhr
werkraumtheater, Glacisstr. 61A, 8010 Graz (Karten: karten@werkraumtheater.at oder 0676 94 00 383)