Mit Wolfgang Mörths „Die Ermordung Bruno Kreiskys“ präsentiert das Theater im Keller eine ironisch-absurde (Liebes-)geschichte, welche die heutigen gesellschaftlichen Verwerfungen bewusst machen soll. Zurück in die Vergangenheit lautet die Devise.
Text: Bettina Leitner
Wir schreiben das Jahr 1977. Der heißersehnte US-amerikanische Science-Fiction-Film Krieg der Sterne flimmert erstmals über die großen Kinoleinwände, die Jugend tanzt zu „Daddy Cool“ der angesagten Band Boney M. ab und die österreichischen Skifans bangen aufgeregt vor ihren Schwarz-weiß-Röhrenfernsehern um den Sieg ihres Idols Hans Doppler. Damals. Vor 41 Jahren. Heute? … ist alles anders. Könnte man glauben. Heute ist der österreichische Skispringer 57 Jahre alt und soll noch einmal über die Schanze gehen. Dass dies zum Scheitern prädestiniert ist, liegt auf der Hand. „Bruno Kreisky wurde ermordet“, phantasiert Doppler nach seinem folgenschweren Sturz über die Flugschanze. Zum Glück ist sein bester Freund Psychologe und will ihm helfen, verspricht sogar Hilfe zur Heilung.
Zu viel versprochen?
Beim therapeutischen Versuch, die verschobenen Gedanken des Skistars wieder einzurücken, versinken die beiden jedoch immer tiefer in den Mythen der 70er-Jahre und der Ära Kreisky. Als ob dieses Dilemma nicht schon ausreichen würde, kommt nun die 25-jährige Studentin, Journalistin und Barkeeperin Melanie mit ins Spiel, was unweigerlich zu einem verworrenen Dreiecksverhältnis führt. Mit Melanie Brand spannt Mörth direkt den Bogen zur aktuellen Gegenwart, in der die „Generation Bachelorarbeit“ oftmals verpflichtet ist, mehrere Jobs auf einmal auszuführen, um ihr Auslangen zu finden. So vernünftig die junge Studentin ihre Entscheidungen im Arbeitsleben trifft, so pragmatisch agiert sie auch im Privaten: Während die beiden 57-jährigen Männer in eine absurd-komische Rivalität um die Gunst des attraktiven Mädchens geraten, spielt die junge Journalistin ihren Charme aus, um die Liebhaber um den Finger wickeln zu können. Dass sie aus diesen Beziehungen journalistisches Material schöpfen kann, ist Melanie durchaus mit einem Schmunzeln bewusst. Doch worauf zielt das Objekt der Begierde wirklich ab? In diesem verworrenen Kampfesstrudel drohen alle Protagonisten zu ertrinken.
The Making of History
Die Inspiration zum Stück war nicht so sehr das Bedürfnis, sich mit dem alten Mythos Bruno Kreisky auseinanderzusetzen, dem Mörth hier eine sehr plastische und greifbare Rolle verliehen hat, sondern vielmehr wollte der Schriftsteller und Dramatiker der Frage nachgehen, ob tatsächlich ein Leserbrief alleine die Ermordung des SPÖ-Politikers auslösen konnte. In diese grundlegende Thematik verflicht Mörth die Handlung seines Stückes. Nach der Uraufführung im Oktober 2018 im Vorarlberger Theater Kosmos wird das Theater im Keller diese spannende „Gehirnerschütterung“ noch im Dezember auf die Grazer Bühnen bringen. Das bereits eingespielte Team mit Alfred Haidacher, Kerstin Raunig und Bernd Sracˇnik lädt zu einem vielversprechenden Abend in gewohnter TiK-Manier ein.
Termine: Sa, 15.12., Do, 20.12., Fr, 21.12., Mi, 9.1.2019, Do, 10.1., Sa, 12.1., Mi, 16.1., Do, 17.1., Fr, 25.1., Sa, 26.1., Di, 29.1., Mi, 30.1., Do, 31.1.2019 jeweils um 20 Uhr
Regie: Bernd Sracnik und Alfred Haidacher / Mit: Kerstin Raunig, Alfred Haidacher, Bernd Sracnik / Technik: Peter Spall
Theater im Keller, Münzgrabenstraße 35, Tickets: 0664 97 33 184 oder auf
www.tik-graz.at